Sex mit Engeln, Toten, HarperCollins Medizinlexikon, HIV/AIDS/Teil 2
- Edda Wittke

- 7. Nov.
- 12 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 7. Dez.

Die Verschärfung der Erziehung nach Auschwitz
Auslöschung des Christentums
Zitat jüdischeallgemeinede/8.7.2024: "Deutsche Spenden haben den Bau eines neuen Erinnerungszentrums der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem ermöglicht. Das Gebäude des Moshal Schoah Legacy Campus in Jerusalem wurde heute eingeweiht. Der frühere Bild-Chefredakteur und heutige Vorsitzende des Freundeskreises Yad Vashem in Deutschland Kai Diekmann sagte ‘dies seien herausfordernde und äußerst schwierigen Zeiten, in denen ein Ort wie der neue Campus umso wichtiger sei. Die hier vereinten Artefakte sollen als *EWIGER=GÖTTLICHER BEWEIS für die Gräueltaten der Schoa dienen. Dies ist der Ort, der sie nicht nur zusammenhält, sondern auch den Opfern ihre Stimmen wiedergibt.‘ An der Einweihung in Israel nahmen unter anderen Präsident Isaac Herzog, Vertreter der deutschen Wirtschaft und Holocaust-Überlebende teil. Auch der Vorsitzende des Yad-Vashem-Rates, Rabbi Israel Meir Lau sowie der Vorsitzende von Yad Vashem, Dani Dayan, waren dabei."
Zitat jüdischeallgemeinede/18.9.2025: "Die israelische Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem will in Deutschland ein eigenes Holocaust-Bildungszentrum errichten. Wie die Institution mitteilte, wurden nach einer umfassenden Machbarkeitsstudie 3 mögliche Standorte ausgewählt: die Bundesländer Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen. Es wäre das erste Bildungszentrum von Yad Vashem außerhalb Israels, die Entscheidung fällt Mitte 2026. Dayan erklärte ‘das geplante Zentrum solle ein wichtiger Pfeiler im Kampf gegen Antisemitismus werden. Es werde dabei helfen, der gefährlichen Verfälschung und Verharmlosung der Schoa entgegenzutreten und zugleich die Zusammenarbeit mit deutschen Institutionen vertiefen. Bereits seit 40 Jahren schult die Jerusalemer Einrichtung deutsche Lehrkräfte aus allen Bundesländern und bietet Seminare für Polizei, Justiz, Geistliche, Schülerinnen und Schüler, Studierende und Journalistinnen und Journalisten an – sowohl vor Ort als auch online!!!'"
*Der jüdische Gott HaShem wird u. a. "Der EWIGE" genannt … .
Die Tora
Homosexualität im Tanach und Talmud
Begründungen der Ablehnung von Homosexualität im Judentum
Zitat jüdischeallgemeinede, Rabbiner Carl Perkins/20.6.2011:
'Was die Tora zur gleichgeschlechtlichen Orientierung wirklich sagt'
Der Tanach/Chumasch, war im Laufe der Jahrhunderte für viele Menschen eine Quelle der Inspiration. Sie half ihnen in ihrem Streben nach Anstand, Güte und Gerechtigkeit. Sie diente aber auch als Vorwand für Grausamkeit und Gewalt und brachte viel Leid und Verzweiflung. Im Namen dieses Buches haben viele Menschen großartige Dinge vollbracht. Andere vollbrachten schändliche Taten in seinem Namen.
Im 1. Buch Moses, in der Parascha Wajera, lernen wir die Stadt Sodom kennen, einen Ort großer Niedertracht und Verdorbenheit. Wir erfahren aus dem Teil der Parascha nicht, worin genau die Verdorbenheit der Stadt bestand, doch wird uns später mitgeteilt, daß die Männer Sodoms nicht nur ungastlich, brutal und grausam waren – sondern auch homosexuell.
Nun, wir haben es hier mit der Bibel zu tun. Sie verfügt über große Autorität. Und indem sie eine Metropole der Niedertracht und Verdorbenheit, einen Ort, der so schrecklich ist, daß er die absichtsvolle Zerstörung durch Gott verdient, mit Homosexualität in Zusammenhang bringt, macht die Bibel deutlich, was sie über Menschen denkt, die sich eines solchen Verhaltens schuldig machen. Sie sind es nicht wert, zu leben.
Es gibt nicht sehr viele Texte in der Bibel, die Homosexualität erwähnen oder darauf Bezug nehmen, doch wie der hier vorliegende scheint jeder einzelne von ihnen sie zu verdammen. So überrascht es nicht, daß jeder, der in einem auf der Tora beruhenden religiösen Glauben erzogen wurde, egal ob es sich um das Judentum oder den Islam handelt, die eindeutige Botschaft hört: Homosexualität ist böse. Nicht nur böse, sondern wirklich böse.
Man denke an das Leid und die Verzweiflung, die diese Verdammung über die Jahrhunderte hervorgerufen hat! Männer und Frauen, die sich von Menschen ihres eigenen Geschlechts und nicht von solchen des anderen Geschlechts angezogen fühlten – ansonsten anständige, liebenswürdige und moralische Individuen –, wurden verspottet, verleumdet und verfolgt. Und es geschieht auch noch in unserer heutigen Zeit.
Vor Kurzem fand ein junger homosexueller Student an der Rutgers University, der sich nicht als homosexuell geoutet hatte, heraus, dass sein Mitbewohner ihn heimlich in seinem Zimmer gefilmt hatte. Er sprang später von der George-Washington-Brücke in den Tod.
Selbstmorde junger Männer und Frauen, die entdecken, daß sie homosexuell sind, kommen häufiger vor, als man glaubt – in manchen Fällen ist es die traditionelle Verurteilung durch ihre Religion, was die jungen Leute in den Selbstmord treibt.
Steven Greenberg, ein bekennender homosexueller orthodoxer Rabbiner, diskutierte vor einiger Zeit mit einem bekannten und respektierten jüdischen Religionsführer. Greenberg sprach von den vielen jüdischen homosexuellen Männern und Frauen, die der Tora ergeben seien und denen großes Leid widerfahre ‘Viele verlassen die Gemeinde, einige junge homosexuelle Menschen sind so verzweifelt, daß sie sich umzubringen versuchen‘ sagte er. Und was erwiderte der Rabbiner? ‘Vielleicht vollbringen sie damit eine Mizwa‘.
Nun ist diese Reaktion sicherlich extrem. Aber sie enthüllt auch eine einfache Wahrheit. In Greenbergs Worten wäre es vielen Religiösen am liebsten‚ ‘wenn Homosexuelle auf die eine oder eine andere Art und Weise einfach verschwinden würden‘. Die Reaktion auf diese Antipathie liegt auf der Hand, wenn junge Homosexuelle allmählich begreifen, wie intensiv der Wunsch der Gemeinde ist, daß sie verschwinden, wie brutal es sein kann, scheint der Freitod ein letzter, verzweifelter Ausweg, wie wir es allein im letzten Monat einige Male erlebt haben.
Das Unbehagen, das Homosexualität in vielen religiösen Menschen hervorruft, hat eine erstaunliche Macht über sie. Es wird niemanden überraschen, daß in Israel, dem Zentrum der drei abrahamitischen Religionen, interreligiöse Gefälligkeiten nicht gerade an der Tagesordnung sind. In Jerusalem gehen religiöse Christen, Muslime und Juden auf der Straße aneinander vorbei, ohne daß ein Kontakt zwischen ihnen stattfindet, von einem konstruktiven Gespräch ganz zu schweigen. Doch vor einigen Jahren gelang es Vertretern der jüdischen und muslimischen Glaubensgemeinschaft sich zu verständigen, darauf nämlich, daß es in den Straßen Jerusalems keine Gay-Pride-Parade geben darf.
Die säkulare Gesellschaft, zu der wir gehören, ist sich des intensiven religiösen Widerstands gegen Homosexualität bewußt. Er beeinflußt uns alle.
Innerhalb der Gesellschaft als Ganzes hat es in den letzten Jahren enorme Fortschritte gegeben. Immer mehr Menschen begreifen, daß es keine Sünde ist, homosexuell zu sein; daß Homosexualität wie in der Erzählung von der Stadt Sodom genauso wenig mit Verdorbenheit in Verbindung gebracht werden darf wie Heterosexualität. Nichtsdestoweniger bestehen das hergebrachte Mißtrauen und die alte Feindschaft weiter fort.
Vor einigen Wochen sandte ein junges Paar die Bekanntmachung seiner bevorstehenden Hochzeit an eine lokale jüdische Zeitung. Beide Partner wuchsen in konservativen jüdischen Familien auf; sie lernten sich in einem jüdischen Sommercamp kennen; beide engagieren sich intensiv im jüdischen Gemeindeleben – einer von ihnen gewann ein Wexner-Stipendium, das ich auch erhielt, als ich an der Rabbinatsschule studierte. Nach einigem Zögern druckte die Zeitung die Anzeige. Das Paar ist homosexuell, und es war das erste Mal, daß die Zeitung eine solche Anzeige brachte.
Was dann geschah, machte aus einer simplen Angelegenheit eine nationale Nachrichten-Story. Lokale orthodoxe Rabbiner beschwerten sich bei der Redaktion, und eine Woche später entschuldigte sich die Zeitung für ‘das Leid und die Bestürzung‘, die die Anzeige den Mitgliedern der orthodoxen Gemeinde gebracht habe. Die Redaktion versprach, keine Anzeigen dieser Art mehr zu drucken.
Das heizte die Sache natürlich erst recht an! Rabbiner der Konservativen sowie der Reform- und Reconstructionist-Richtung äußerten sich zu dem Fall, genau wie viele Normalbürger, die fragten, ob die Zeitung sich bewußt sei, wie viel ‘Leid und Bestürzung‘ dem Paar durch ihren Rückzieher zugefügt worden sei. Die Zeitungsmacher hörten den Aufschrei offensichtlich klar und deutlich, denn in der folgenden Woche gaben sie eine Stellungnahme heraus, in der sie ihre geänderte Meinung erneut änderten. Im Text hieß es, die Redaktion habe womöglich zu übereilt gehandelt und nur auf einen Teil ihrer Leserschaft gehört.
Ich erzähle diese Geschichte nicht, um die Redakteure zu verurteilen. Sie tun mir leid. Schließlich riskieren sie, ihre Arbeit zu verlieren, wenn sie die Orthodoxen vor den Kopf stoßen. Andererseits riskieren sie ihren Job, wenn sie ihre linksliberale Leserschaft vor den Kopf stoßen. Und drittens könnte es sein, daß es sich um ein Thema handelt, zu dem sie Stellung beziehen müssen – so oder so. Die Redakteure der Zeitung hätten wissen können und wissen müssen, daß ihre ursprüngliche Entscheidung umstritten sein würde. Doch ihre unschlüssige Reaktion ist nichts Ungewöhnliches. Es handelt sich um ein zentrales sozialpolitisches Thema unserer Zeit: politisches Gift in der Politik.
Ich gehe anders an das Thema heran. Aus meiner Sicht müssen wir unser Bewusstsein von der automatischen, selbstgerecht-empörten Verurteilung der Homosexualität reinigen, wenn wir jemals in einer Welt leben wollen, in der junge Menschen, Männer und Frauen, sich ihrer sexuellen Orientierung nicht zu schämen brauchen. In dieser Sache können wir es uns nicht leisten, mehrdeutige Antworten zu geben. Es ist eine Sache, die über Leben oder Tod entscheidet.
Doch auch wenn sie das nicht wäre, möchte ich, daß wir offen und ehrlich sind und das ganze Spektrum sexueller Orientierungen in unserer Gemeinschaft willkommen heißen. Einfach deswegen, weil es das Richtige ist. Wir verstehen Sexualität anders, als unsere Vorfahren sie verstanden.
Homosexuelle werden noch immer verleumdet und verurteil und verfolgt. Wir müssen laut und deutlich aussprechen, daß wir glauben, die Bigotterie der Vergangenheit sollte eine Sache der Vergangenheit bleiben; daß wir glauben, andere Botschaften, die unsere religiöse Tradition ebenso betont, nämlich Botschaften des Respekts vor dem Anderen und der Liebe zum Anderen, müssten unangefochten an erster Stelle stehen. Wir alle, die sich Sorgen machen, welche Rolle die Religion in unserer Gesellschaft spielen soll, müssen mit offenen Karten spielen. Es ist nicht länger annehmbar zu sagen ‚Es steht nun mal so in der Tora/dem Tanach. Es gibt nichts, was ich dagegen tun kann!‘ Wir müssen es explizit aussprechen: Homosexualität ist keine Sünde. Wir können nicht herumlavieren, nicht wenn es um das Leben anständiger und ernsthafter Männer und Frauen geht. Es ist einfach eine Schande, Menschen weiterhin wegen eines unabänderlichen Aspekts ihrer Persönlichkeit zu verdammen, dem kein moralischer Makel anhaftet.
Zitat hagalilcom, Prof. Dr. Felice-Judith Ansohn:
"'Juden und Homosexualität' Das Thema ist konfliktgeladen. Denn es gibt homosexuelle JüdInnen - aber die Normen, auf denen das Judentum gründet, schließen homosexuelle Menschen anscheinend aus. Wenn ich also als Jüdin oder Jude und zugleich als homosexueller Mensch auf die Welt gekommen bin, muß ich mich diesem Konflikt stellen. Ich kann versuchen, ihm auszuweichen, indem ich mich um die Normen meiner Kultur oder Religion nicht kümmere und meine Homosexualität auslebe, als gäbe es diese Normen nicht. Aber was für ein Jude, was für eine Jüdin bin ich dann? Auf welcher Basis beruht dann noch mein Jüdischsein? Oder ich kann versuchen, mich den Forderungen dieser Normen und der jüdischen Gesellschaft, die sie vertritt, zu beugen, indem ich meine Homosexualität verstecke oder gar unterdrücke. Aber was für ein Mensch bin ich dann noch, so im Mittelpunkt meines biologischen, sozialen und kulturellen Daseins amputiert? Das ist der Konflikt. Wir müssen die Lösung finden, beiden Anteilen unserer Person gerecht zu werden.
Die Normen finden wir in der Tora/Heiligen Schrift und, mehr beiläufig, im Talmud, den für das Judentum grundlegenden beiden Büchern. In der Tora steht das strikte Verbot ‘Du sollst nicht mit einem Mann schlafen, wie man mit einer Frau schläft; ein Greuel ist das‘ (Wajjikra/Lev 18, 22). Und, zwei Kapitel weiter, noch schärfer ‘Wenn ein Mann mit einem Mann schläft wie mit einer Frau- ein Greuel haben beide verübt, sterben, ja sterben sollen sie, ihr Blut über sie!‘ (ebd 20, 13). Beide Verbote stehen nicht für sich; sie sind jeweils eingebettet in eine ganze Reihe von Verboten der verschiedensten sexuellen Praktiken.
Die Mischna (mSanhedrin 7, 4) bekräftigt die Tora-Androhung der Todesstrafe für den sexuellen Verkehr zwischen zwei Männern. Auch wenn dies unter veränderten Verhältnissen nur noch symbolische Bedeutung hat, zeigt es doch deutlich die anhaltende Schärfe der Verurteilung.
Der Talmud (bSanhedrin 54a) bekräftigt diese Einstellung. Wenn es sich um 2 erwachsene Partner handelt und sie beide einvernehmlich handeln, müssen beide sterben, andernfalls nur der erwachsene Partner oder der Vergewaltiger. An einer anderen Stelle allerdings erklärt der Talmud kurzerhand, dieses Problem existiere für das Judentum nicht, da es keine jüdischen Homosexuellen gebe. Ein prominenter Lehrer hatte einst verboten, daß ein unverheirateter Mann männliche Kinder unterrichte, oder daß 2 unverheiratete Männer unter einer Decke schliefen (mKidduschin IV, 13, 15). Aber die Mehrheit hatte das Verbot nicht akzeptiert. Denn, so verkündet der Talmud lapidar ‘in Israel gibt es niemand, der schwule Praktiken (mischkáv sachúr) betreibt‘ (bKidduschin 82a). Mit anderen Worten: wer Jude ist, tut so etwas nicht. Wer es tut, ist kein Jude.
Weibliche Homosexualität wird in der Bibel nicht erwähnt. Im Talmud wird sie ebenfalls verworfen, wenn auch nicht so schroff wie die männliche. Ein rabbinischer Kommentar aus der Mischnazeit (2./3. Jhd. u.Z.) bezieht das Tora-Verbot in Lev 18 und 20 ausdrücklich auch auf lesbische Praktiken (Sifra 9, 8). Da die Bibel lesbische Liebe nicht erwähnt, wird ersatzweise, unter Bezugnahme auf Lev 18, 3, auf die ‘Sittenlosigkeit‘ in Ägypten und Kanaan hingewiesen, zu der auch die sexuelle Liebe zwischen Frauen gehöre; diese dürfe Israel nicht nachahmen. Der Talmud sieht in Liebesakten zwischen Frauen zwar kein ‘Greuel‘, aber doch eine „Obszönität" (perizút, bJevamot 76a).
Die 2 zitierten Bibelstellen, die männliche homosexuelle Handlungen aufs schärfste verbieten, begründen das Verbot nicht. Diese werden lediglich als toevá gebrandmarkt, als abscheuliches Verhalten, zumindest als ein Verhalten, das ‘in die Irre führt‘ (bNedarim 51a).
In der späteren jüdischen Tradition lassen sich jedoch vor allem 3 Begründungen finden.
Erstens: homosexuelle Praxis sei ein Verstoß gegen die menschliche Natur. Die intime Vereinigung von Körperteilen, die auf Grund ihrer anatomischen Beschaffenheit dafür nicht geeignet oder nicht für diesen Zweck geschaffen sind, sei ‘widernatürlich‘. Und schon bei der Erschaffung der ersten Menschen sei festgelegt worden, daß der Mann ‘an seinem Weibe haften‘ werde (Gen 2, 24). Somit sei eine sexuelle Beziehung zwischen Männern Mann widernatürlich (bSanhedrin 58a).
Zweitens: Homosexualität sei verwerflich, weil diese Praxis die Zeugung von Kindern ausschließe und somit gegen das erste Gebot verstoße, das die Tora anordnet ‘Seid fruchtbar und vermehrt euch!‘ (Gen 1, 28). Darum sagt die Mischna lapidar ‘Kein Mann darf sich der Erfüllung dieses Gebotes entziehen, es sei denn, er habe schon Kinder" (mJevamot VI, 6). Der Talmud verschärft die Warnung ‘Wer die Zeugungspflicht nicht erfüllt, ist mit einem Mörder zu vergleichen‘, denn es heißt ‘Wer Menschenblut vergießt, dessen Blut soll wieder vergossen werden‘ (Bereschit/Genesis 9, 6). Aber gleich darauf folgt ‘Seid fruchtbar und vermehrt euch‘ (ebd Vers 7; die Sätze stehen in bJevamot 63b). Dieses Tora-Gebot schließe, so wird gefolgert, nicht nur den Analverkehr zwischen Männern aus - Eheleuten ist dieser nicht grundsätzlich verboten, wenn sie mit ihm sexuelle Befriedigung erreichen und nicht lediglich die Zeugung von Kindern verhindern wollen (bNed 20a) Es untersage darüber hinaus jede sexuelle Handlung, ob allein oder mit anderen ausgeübt, bei der Samen verlorengeht, der doch für die Zeugung bestimmt sei. Diesem Argument gibt die traditionelle Auseinandersetzung mit der männlichen Homosexualität das größte Gewicht. Vermutlich wird weibliche Homosexualität auch deshalb milder beurteilt, weil Frauen ja nicht zeugen, und weil Frauen diese widernatürlichen Praktiken ohnehin nicht ausüben können.
Drittens: Homosexualität wird in der jüdischen Tradition verworfen, weil sie die normale, intakte Familie zerstöre, denn der schwule Mann verlasse Frau und Kinder, um sich mit einem Mann zu verbinden (bNed 51a und mittelalterliche Kommentare dazu).
Ein Judentum, das an diesen Traditionen festhält, kann demnach Homosexualität nicht akzeptieren. Denn es muß ja auf der grundsätzlichen Voraussetzung bestehen, daß alles, was in der Tora steht, unmittelbar verbindliches Wort Gott HaShems ist, und daß auch die mündliche Lehre im Talmud nicht irren kann. Darum leben homosexuelle JüdInnen nach dieser orthodoxen Auffassung ständig in Sünde. Allerdings unterscheidet auch das orthodoxe Judentum zwischen homosexueller Veranlagung und gelebter Homosexualität. Schon die antiken Texte verbieten ja ausdrücklich nur homosexuelle Praktiken; von der Homosexualität als solcher, die in Menschen angelegt ist, konnte man damals nichts wissen. Homosexualität als Veranlagung wird heute auch von manchen „orthodoxen" jüdischen Autoren akzeptiert. Diese Autoren deuten diese Veranlagung allerdings als krankhaft. Sie fordern, daß die Homosexuellen sich ärztlich behandeln lassen. Vor allem verlangen sie aber, daß diese auf jede sexuelle Handlung mit gleichgeschlechtlichen Partnern verzichten. Denn krank zu sein, ist keine Sünde. Sünde wäre es jedoch, nichts gegen sie zu tun oder gar, wie immer wieder befürchtet wird, andere mit ihr anzustecken.
Zeitgenössische „orthodoxe" Autoren, die sich in den letzten Jahrzehnten auf der Grundlage der Tradition ausführlich zu dem Thema geäußert haben und sich bemühen, dem homosexuellen jüdischen Menschen gerecht zu werden, ohne allerdings Konzessionen auf Kosten der Tradition zu machen, gestehen auch zu, daß man die ‘Sündhaftigkeit‘ homosexueller Praktiken nicht schärfer bewerten dürfe als andere Sünden gegen die überlieferten Gebote auch, etwa den Bruch der Sabbatruhe, die Mißachtung der Speisegesetze oder soziales Fehlverhalten. Diese Beurteilung ist ein Fortschritt gegenüber der früher herrschenden, unreflektierten Homophobie, denn sie relativiert die ‘Sündhaftigkeit‘ der praktizierten Homosexualität, indem sie diese nicht mehr als schlechthin abscheulich hinstellt, vielmehr in ihr eine Sünde unter anderen sieht, von JüdInnen die weit häufiger begangen werden und die die jüdische Gemeinschaft womöglich weit mehr belasten. Doch eine generelle Akzeptanz der Homosexualität bleibt auch für diese orthodoxen Autoren ausgeschlossen. Der homosexuelle Jude, die lesbische Jüdin gehören weiterhin zur Gemeinde, gewiß, sie werden nicht ausgeschlossen. Doch als Homosexuelle stehen sie dennoch, solange sie ihre Homosexualität auch leben, unter dem Verdikt der Sünde.
Die ungelehrten Mitglieder orthodoxer jüdischer Gemeinden, also die große Mehrheit, werden diese Unterscheidungen kaum zur Kenntnis nehmen. Schwule Juden und lesbische Jüdinnen werden in solchen Gemeinden weiter unter dem schweren Druck der traditionellen Homophobie leben müssen. Sich offen zu seiner Homosexualität zu bekennen, wird hier niemand wagen, der Ausschluß wäre unvermeidlich. Die Ängste, Selbstzweifel und neurotischen Störungen bei den jüdischen Schwulen und Lesben, die auf Grund ihrer Lebensgeschichte dennoch in einer jüdischen Gemeinde ihre Heimat sehen, kann man nur ahnen.
Die zweite große Gruppe im heutigen religiös definierten Judentum, die vor allem in den USA großen Einfluß hat, die ‘konservative‘, urteilt in ihren Worten milder, kaum jedoch in der Sache. Auch sie empfiehlt ihren jüdischen homosexuellen Mitgliedern den Verzicht auf ein sexuelles Leben als einzig legitime Lösung.
Auch die dritte große Gruppe, die der’reformierten‘ JüdInnen, hat zur Homosexualität - diese immer ganzheitlich, also auch als gelebte Praxis verstanden! - keine einheitliche Meinung. Sie teilt jedoch überwiegend nicht den rigiden Standpunkt der Orthodoxen und auch der meisten Konservativen. Denn sie akzeptiert schon deren Voraussetzung nicht, daß Tora und Tradition unveränderbar und darum auch von heutigen Menschen gehorsam so hinzunehmen seien, wie sie überliefert wurden. Man müsse vielmehr, so die Überzeugung im reformierten Judentum, beide, Tora und Tradition, zunächst geschichtlich sehen, das heißt: im Licht der Zeit, in der sie entstanden sind. Und man müsse, wenn sich neue Erkenntnisse ergeben, auch den Mut haben, alte Urteile zu revidieren. Ferner müsse man auch im Judentum die eigenen religiösen Traditionen und Überzeugungen mit den Informationen und Einsichten moderner Wissenschaft in Einklang bringen und dürfe sich der Realität, die sie frei legt, nicht in dogmatischer Starre verschließen. Diese Prinzipien ermöglichten vielen Reformgemeinden auch eine offenere Einstellung gegenüber schwulen wie lesbischen jüdischen Menschen. Im spontanen Umgang miteinander stoßen Schwule wie Lesben allerdings auch in solchen Gemeinde gelegentlich auf heftige Äußerungen von Homophobie.
Die erwähnte Auffassung orthodoxer Autoren von der Homosexualität als einer krankhaften Abirrung der Geschlechtlichkeit, die vermutlich dem jüdischen Schwulen und der jüdischen Lesbe entgegenkommen soll, stellt uns auf eine Stufe mit tatsächlich kranken Triebtätern und anderen psychisch schwer gestörten Sexualneurotikern. Sie hilft niemand, sie beleidigt nur. Nicht die Homosexuellen bedürfen der Heilung, sondern die Homophoben, hinter deren starren, tief verwurzelten Vorurteilen, sich auch viele Verdrängungen eigener lustvoller Wünsche verbergen.“
Das jüdische Tora-Buch
“Henoch ‘Bestrafung von Sex zwischen Engeln und Menschen‘“
Fortsetzung folgt …



