Die 5 gefälschten Schoas/Teil 9, gefälschter 13.te Apostel "Sergius/ Natyanus" des Islam im "gefälschten" Neuen Testament!?
- Edda Wittke
- 19. Jan.
- 39 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 15. Apr.
Es ist traurig, daß wegen der Lügen Kriege geführt wurden und werden.
Qur'an
Die 5.te gefälschte Schoa
"Die ersten ChristInnen selbst haben die muslimischen Jünger Jesu ausgerottet!"???
Zitate islamQ&A: Der muslimische Rechtsgelehrte Al-Khatib Asch-Schirbini sagte: „Es ist erlaubt Istinja (das Abwischen des Schambereichs nach der Entledigung) mit Dingen zu machen, die nicht respektiert werden sollten. Al-Qadi erlaubte es mit Blättern aus dem Evangelium. Das bezieht sich auf die Teile, von denen man weiß, daß sie verändert wurden und frei von Allahs Namen sind“ Mughni Al-Muhtaj (1/162-163).
Zitat Pilgrim/islamiclandmarks, Scheich Abdur Raheem Limbada: "Der kleine Raum in der südöstlichen Ecke der Moschee al-Aqsa soll der Ort sein, an dem Maryam=Maria ihren Sohn, den Propheten Isa=Jesus, aufgezogen hat. Als Maryam alt genug war, um vernünftig denken zu können, wurde sie den Hütern der Moschee al-Aqsa anvertraut. Jeder von ihnen äußerte den Wunsch, der Hüter dieses besonderen Kindes zu sein. Schließlich warfen sie das Los, und diese edle Aufgabe wurde Maryams Onkel mütterlicherseits, dem Propheten Zakariyya, anvertraut. Maryam wurden private Gemächer zugewiesen, in denen sie weiterhin Gottesdienst verrichtete. Als sie an der Reihe war, in dem heiligen Heiligtum zu arbeiten, erfüllte sie fleißig ihre Pflichten. Zakariyya besuchte Maryam gelegentlich in ihren Gemächern, um sich nach ihrem Wohlergehen und ihren Bedürfnissen zu erkundigen. Erstaunlicherweise fand er in ihren Gemächern Früchte außerhalb der Saison. Der Quran erwähnt: Wann immer Zakariyya sie in ihrem Privatgemach besuchte, fand er, daß sie Vorräte hatte. Er fragte: ‚O Maryam, woher nimmst du das?‘ Sie sagte: ‚Es ist von Allah; Denn Allah sorgt für wen Allah will, über jede Rechnung hinaus.‘ Maryam übertraf andere in der Anbetung. Der Quran sagt, daß sie aus dem 'Qanitin' stammte, was darauf hindeutet, daß sie so lange in Anbetung stand, daß ihre Füße anschwollen. Maria hatte ihr Leben als junges Mädchen dem Gottesdienst gewidmet. Sie wohnte in einem Zimmer der Al-Aksa Moschee in Jerusalem und war ständig mit Gebeten und Gottesdiensten beschäftigt. Den Koranversen nach sandte Allah den Engel Gabriel in Menschengestalt zu Maria. Er verkündete der beängstigten Jungfrau Maria, daß sie einen vaterlosen Sohn gebären wird. Er teilte ihr die Eigenschaften ihres heiligen Sohnes mit und auch welch schwierige Zeit er vor sich haben würde.
Um auf das Wunder der Jungfrauengeburt hinzuweisen, nennt der Koran Jesus immer ‚den Sohn der Maria‘. Denn der Koran teilt die christliche Vorstellung, daß Maria eine Jungfrau war, als sie Jesus gebar. Im Koran wird allerdings die Menschlichkeit des Propheten deutlich hervorgehoben. Durch die gesamte Überlieferung hindurch wird Jesus grundsätzlich als Prophet Allahs bezeichnet, den Allah den JüdInnen gesandt hat, die mit der Zeit von den Lehren Moses und anderer Gesandter abgekommen waren.
Die körperlichen Merkmale von Isa/Jesus : Er wird dem berühmten Sahabi Urwa bin Masoodi ähneln. Er wird durchschnittlich groß sein und eine rot-weiße Farbe haben. Sein Haar wird bis zu den Schultern ausgebreitet, glatt, ordentlich und glänzend wie nach einem Bad. Wenn er den Kopf beugt, wird es ihm scheinen, als ob Perlen fallen. Er wird eine Rüstung an seinem Körper tragen. Er wird 2 hellgelbe Stoffstücke tragen. Isa wird daraufhin Dajjal töten und eine große Ära des Friedens und der Harmonie wird über die Welt kommen. Isa wird heiraten, Kinder bekommen und nach seiner Heirat 19 Jahre leben. Er wird dann sterben und neben dem Propheten in Majid-e-Nabwi, Medina, begraben werden."
2009: Zitat Gabriel Said Reynolds (US-Islamwissenschaftler/Notre Dame University) “Der muslimische Jesus: Tot oder lebendig?“:
'Lt. al-Tabarī sind sich die Mufassirūn einig, daß Jesus nicht gestorben ist, sondern daß er mit Leib und Seele in den Himmel aufgefahren ist, während ein anderer an seiner Stelle gestorben ist. Ihre Hauptmeinungsverschiedenheit besteht nur darin, ob Allah das Bild Jesu auf eine Reihe von Menschen warf, von denen die JüdInnen eine zum Kreuzigen auswählten, oder ob Allah das Bild Jesu nur auf eine bestimmte Person warf. Al-Tabarī berichtet von 2 Traditionen, die die erste Meinung widerspiegeln. Einer von ihnen berichtet, daß an einem Tag, an dem Jesus mit 17 treuen Jüngern (vgl. Q 3.52; 5.111, 112; 61.14) zusammen war und die Juden zu dem Haus kamen, in dem sie versammelt waren, um ihn zu töten, alle 17 Jünger sein Bild empfingen. Da traten die Juden in den Raum und als sie den verwirrenden Anblick sahen, erklärten sie: ‚Zeigt uns, wer Jesus ist, oder wir werden euch alle 18 töten.‘ Da wandte sich Jesus an die Jünger und fragte: ‚Wer von euch wird heute das Paradies für seine Seele gewinnen?‘ Der treue Jünger, der dem Ruf Jesu folgte, behielt das Bild seines Lehrers bei, während die anderen sofort ihr wahres Aussehen wiederfanden. Dieser treue Jünger ging hinaus zu den Juden, die ihn nahmen und kreuzigten, während Allah Jesus in den Himmel aufnahm. Al-Tabarī berichtet dann von 9 verschiedenen Überlieferungen, die die zweite Meinung widerspiegeln. Die Erzählungen darin sind denen in der obigen Überlieferung nahe, nur daß der treue Jünger die Erscheinung Jesu erst in dem Augenblick erhält, in dem er sich freiwillig bereit erklärt, Jesu Platz einzunehmen. Eine dieser Erzählungen zeigt eine besondere jüdisch-midraschische Kreativität.
Eine Überlieferung, die sich auf die Autorität von Ibn Ishāq stützt, berichtet, daß Jesus bei seinen 13 auserwählten Jüngern war, als er fragte: "Wer von euch wünscht sich, mein Gefährte im Paradies zu sein, indem er mein Bild annimmt vor dem Volk, das ihn an meiner Stelle töten wird? Ein Jünger namens SERGIUS rief: ‚Ich, o Geist Gottes‘ (vgl. Q 4.171). Dabei erlangte er das Bild Jesu, während Jesus zuerst einschlief und dann in den Himmel aufgenommen wurde (so wird die Abfolge von mutawaff īka wa-rāfiʿuka ilayya in Q 3.55 erklärt). Als die Juden endlich in den Raum stürmten, waren sie überrascht, Jesus, den sie für SERGIUS hielten, mit nur 12 Jüngern vorzufinden, und begannen über den Grund dafür zu streiten. Dies ist die Bedeutung, erklärt die Tradition, der Aussage in sūrat al-nisā' (4) 157: "Diejenigen, die darüber streiten, sind von Zweifeln überdeckt." Mit anderen Worten, ChristInnen irren sich, wenn sie glauben, daß es 12 Apostel gab. Ursprünglich waren es 13, aber einer von ihnen wurde an der Stelle Jesu gekreuzigt.
Eine 4.te Überlieferung, unter Berufung auf die Autorität von Ibn Ishāq, erklärt, daß zur Zeit der Kreuzigung ein grausamer König namens David über die Israeliten herrschte. Jesus hatte 13, nicht 12 Jünger. Einer von ihnen, SERGIUS, erhielt das Bild von Jesus und wurde an seiner Stelle gekreuzigt.
Eine 5.te Überlieferung stützt sich ebenfalls auf die Autorität Ibn Ishāq, liefert aber das Motiv des bestraften Verräters. Ibn Ishāq, der mit den Worten beginnt: ‚Ein Christ, der Muslim wurde, sagte mir ..., daß Judas das Bild Jesu erhielt und zur Kreuzigung gebracht wurde. Als er von den JüdInnen ergriffen wurde, rief er unaufhörlich: ‚Ich bin nicht der, den ihr sucht. Ich bin der, der dich auf ihn hingewiesen hat' Al-Tabarī, 6:12–3, zu Q 4.157. Der Zeitgenosse von Al-Tabarī, der schiitische Exeget Al-Qummī, berichtet eine ähnliche Erzählung unter Berufung auf die Autorität des fünften Imam Muhammad Bāqir: Jesus versammelte seine Gefährten in der Nacht, in der Allah ihn zu sich selbst erhob. Die 12 Männer versammelten sich am Abend. Allah ließ Jesus in ein Haus eintreten und aus einer Quelle in einer Ecke des Hauses zu ihnen herauskommen. Er schüttelte den Kopf vom Wasser und sagte: ‚Allah hat mir offenbart, daß Er mich in dieser Stunde zu Ihm erheben wird, daß Er mich von den Juden reinigen wird (vgl. Q 3.55). Auf wen von euch soll er mein Bildnis werfen? Wer wird getötet und sterben und auf meine Stufe erhoben werden?‘ Einer von ihnen sagte: ‚Ich will, o Geist Allah‘s' Al-Qummī, Tafsīr (Beirut: Mu'assasat al-Aʿllāmī li-l-Mat ̇ būʿāt, 1412/1991), 1:111, zu Q 3.55. Zamakhsharī berichtet: Als Allah Jesus mitteilte, daß Er ihn in den Himmel erheben und ihn von den Anhängern der Juden reinigen würde (vgl. Q 3.55), sagte er zu seinen Gefährten: 'Wer möchte mein Ebenbild auf ihn werfen, getötet und gekreuzigt werden und ins Paradies eingehen?' Einer von ihnen sagte: 'Das würde ich'. Das Ebenbild Jesu wurde auf ihn gegossen, und er wurde getötet und gekreuzigt‘ Zamakhsharī, Al-Kashf ʿan h ̇ aqā'iq ghawāmid ̇ al-tanzīl, Hrsg. Muhammad.
Der Erzfeind Jesu wurde damit für seinen Verrat bestraft: ‚Die Juden gingen in das Haus Jesu, und Jesus wurde auferweckt, während sein Ebenbild auf den Verräter geworfen wurde. Sie nahmen ihn und töteten ihn, weil sie dachten, er sei Jesus.‘ Auch wenn diese letztere Tradition in ihren erzählerischen Einzelheiten der Tradition des ‚treuen Schülers‘ direkt entgegengesetzt ist, so entspringt sie doch genau demselben exegetischen Instinkt, nämlich der jüdisch-haggadischen Spekulation. Dementsprechend fügt Zamakhsharī ihr eine Anmerkung hinzu, die, wie die am Ende der obigen Al-Tabarī-Tradition, die Aussage in sūrat al-nisā' (4) 157 erklärt: ‚Diejenigen, die darüber streiten, sind im Zweifel beheimatet.' Als der Verräter Jesu abgeführt und gekreuzigt wurde, berichtet Zamakhsharī: Einige der Jünger sagten: ‚Er ist ein Allah und es war nicht recht, ihn zu töten‘, einige von ihnen sagten: ‚Er wurde getötet und gekreuzigt‘, einige von ihnen sagten: ‚Wenn das Jesus war, wo ist dann unser Gefährte?‘ und ‚Wenn das unser Gefährte war, wo ist dann Jesus?‘ Einige von ihnen sagten: ‚Er ist in den Himmel erhoben worden‘, einige von ihnen sagten: ‚Das Antlitz war das Antlitz Jesu, der Leib aber der Leib unseres Gefährten.‘ Ibn Kathīr stellt wie Zamakhsharī sūrat al-nisā' (4) 157 in den größeren Kontext jüdischer Verfehlungen. Wenn überhaupt, dann ist Ibn Kathīr den Juden gegenüber feindseliger, er kommentiert ‚Mögen Allah‘s Flüche, Beleidigungen, Zorn und Strafe auf ihnen sein‘. Doch Ibn Kathīrs Kommentar zu diesem Vers folgt der gleichen haggadischen Methode; er entwickelt eine Erzählung, um das zu identifizieren, was in der vorliegenden Passage unklar ist (tabyīn al-mubham). So berichtet Ibn Kathīr, daß 'die JüdInnen an einem Freitagnachmittag das Haus umstellten, in dem Jesus mit 12 oder 13 oder 17 seiner Jünger wohnte'. Jesus fragte sie: ‚Wer von euch wird mein Ebenbild auf sich wirken lassen und mein Freund im Paradies sein?‘ Als einer seiner jungen Jünger zustimmte, erschien eine Öffnung in der Decke des Hauses. Jesus schlief ein und wurde durch ihn in den Himmel emporgehoben. Eine zweite Überlieferung besagt, daß die Juden, nachdem Jesus durch ein Loch in der Decke verschwunden war, den jungen Jünger, der sich freiwillig gemeldet hatte, an Jesu Stelle zu sterben, töteten und kreuzigten. Das heißt, Ibn Kathīrs Tradition folgt genau die Abfolge der Phrase des Quran mā qatalūhu wa-mā s ̇ alabūhu, trotz der Tatsache, daß der Tod normalerweise auf die Kreuzigung folgt, nicht umgekehrt. Diese Tradition liefert dann eine andere Erklärung für den Satz ‚Diejenigen, die darüber streiten, sind im Zweifel bedeckt‘. Er erzählt, daß sich seine Jünger nach dem Verschwinden Jesu in 3 Gruppen aufteilten, und fährt fort: Die eine Gruppe sagte ‚Allah war unter uns und fuhr dann in den Himmel auf‘, das sind die Jakobiten. Eine Gruppe sagte ‚Der Sohn Allah‘s war unter uns, und Allah hat ihn zu sich erhoben‘, das sind die Nestorianer. Eine Gruppe sagte ‚Ein Diener Allah‘s und Sein Bote war unter uns, und Allah hat ihn zu sich erhoben‘, das sind die Muslime. Dann setzten sich die beiden ungläubigen Sekten gegen die Muslime durch und töteten sie. Der Islam blieb ausgelöscht, bis Allah Muhammad sandte. So wird sūrat al-nisā' (4) 157 mit der Häresiographie erklärt, da sie anachronistisch mit dem Ursprung von 2 der 3 wichtigsten christlichen Sekten in der mittelalterlichen islamischen Welt verbunden ist. Zugleich wird die Exegese dieses Verses zum Anlaß, über einen problematischen Punkt der islamischen Heilsgeschichte Rechenschaft abzulegen. Nach dieser Geschichte waren Jesus und seine Jünger Muslime, doch ChristInnen, die behaupten, ihre Religion von diesen Jüngern geerbt zu haben, wissen nichts davon. Die obige Überlieferung erklärt, warum: Die ersten ChristInnen selbst haben die muslimischen Jünger Jesu ausgerottet. Ibn Kathīr fügt hinzu, daß diese Tradition einen gültigen isnād von Ibn Abbās hat.
Der obige Abschnitt ist im Wesentlichen als Exposé der Standardansicht der Kreuzigung unter den klassischen muslimischen Exegeten gedacht, nämlich daß Jesus mit Leib und Seele in den Himmel erhoben wurde, während ein anderer an seiner Stelle gekreuzigt wurde. Daß diese Sichtweise bei Exegeten unterschiedlicher Epochen, Methoden und Glaubensrichtungen auftaucht, spiegelt ihre breite Akzeptanz wider. In der Tat erstrecken sich die Unterschiede zwischen diesen Exegeten nur auf die Einzelheiten der Erzählungen, die sie bevorzugen z. B. ob ein Jünger oder ein Verräter das Bild Jesu empfing, oder ob einer oder alle Jünger sein Bild erhielten und betreffen nicht die Lehre, die diese Erzählungen veranschaulichen sollen. Die Ansichten der Exegeten über den koranischen Begriff "tawaffā", wie er auf Jesus zutrifft, sind ebenfalls um diese Lehre herum geprägt. So akzeptiert Tafsīr Muqātil, daß Tawaffā sich darauf bezieht, daß Allah einen Menschen sterben läßt, aber er besteht darauf, daß der Quran es für Jesus nur in Bezug auf seinen Tod in der Endzeit, nach seiner Rückkehr auf die Erde, verwendet. Zu diesem Zweck argumentiert Tafsīr Muqātil, daß die entsprechende Passage in sūrat āl Imrān (3) 55 gleichsam rückwärts gelesen werden sollte. Der Quran lässt Allah zu Jesus sagen: ‚Ich werde dich sterben lassen und dich dann zu mir auferwecken‘, aber Tafsīr Muqātil kommentiert: 'Dieser Satz ist ein hysteron proteron (taqdīm), da er bedeutet: 'Ich werde dich von dieser Welt zu mir erheben und dich dann sterben lassen, nachdem du vom Himmel herabgekommen bist in der Zeit von al-Dajjāl'. Mit al-Tabarī wird deutlich, daß die Sache für die meisten Mufassirūn nicht so einfach war. Einige Interpreten, so Al-Tabarī, sind der Meinung, daß der Koran, wenn er tawaffā auf Jesus anwendet, sich nicht auf den Tod, sondern auf den Schlaf bezieht. Es ist diese Interpretation, die das merkwürdige Detail in den oben zitierten Erzählungen über den Sūrat al-nisā' (4) 157-8 erklärt, daß Jesus einschlief, bevor Allah ihn in den Himmel nahm. Einer zweiten Meinung zufolge ist tawaffā, wenn es auf Jesus zutrifft, jedoch gleichbedeutend mit ‚ergreifen‘; D. h., mit diesem Begriff bezieht sich der Quran nicht darauf, daß Jesus einschlief, bevor Allah ihn in den Himmel aufnahm, sondern vielmehr auf die Tat Allah‘s, Jesus in den Himmel zu nehmen, oder auf den Moment, in dem Allah Jesus ergriff, bevor er ihn in den Himmel erhob. Diese beiden Ansichten von tawaffā führen natürlich genau zu derselben Lehre über Jesus. In beiden Fällen sind die Interpreten bestrebt zu beweisen, daß das Vorhandensein des Verbs tawaffā mit der Lehre vereinbar ist, daß Jesus nicht gestorben ist, daß er mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen wurde, von wo aus er zurückkehren wird. Der einzige Unterschied besteht darin, wie diese Versöhnung erreicht wird. Eine Gruppe von Interpreten tut dies, indem sie tawaffā mit Jesus in Verbindung bringen, der eingeschlafen ist, bevor er in den Himmel aufgefahren ist, während andere dies tun, indem sie tawaffā mit der Himmelfahrt selbst in Verbindung bringen und es in Q 3.55 mit dem Verb rafaʿa in Apposition setzen. Al-Tabarī zitiert aber auch eine dritte Ansicht, nämlich daß tawaffā, auch im Falle Jesu, nur ‚sterben machen‘ bedeuten kann. Die meisten Überlieferungen, die diese Ansicht widerspiegeln, versöhnen sie, wie Tafsīr Muqātil, mit der Lehre von der eschatologischen Wiederkunft Jesu. Wenn in sūrat āl ʿImrān (3) 55 tawaffā vor der Himmelfahrt Jesu erscheint, dann muß dieser Vers mit hysteron proteron oder taqdīm al-mu'akhkhar gelesen werden. Al-Tabarī merkt jedoch auch an, daß einige Gelehrte einräumen, daß Jesus tatsächlich gestorben ist. Eine Überlieferung in diesem Sinne beharrt darauf, daß er 3 Stunden lang tot war, eine andere Version geht von 7 Stunden aus. Am Ende erklärt Al-Tabarī jedoch seine Unterstützung für die zweite Ansicht, daß tawaffā sich im Quran darauf bezieht, daß Allah Jesus ergriffen hat. Er rechtfertigt diese Position mit dem Hinweis auf das Übergewicht von hadīth, um sie zu stützen, aber es gibt noch andere Faktoren, die hier eine Rolle spielen. Erstens: Für Al-Tabarī steht die Lehre von der eschatologischen Wiederkunft Jesu außer Zweifel. Dies führt ihn zu der Schlußfolgerung, daß Jesus im Licht der Koranpassagen, die implizieren, daß ein Mensch nur einmal sterben kann vgl. Q 6.60; 19.33, vor dem Tod bewahrt worden sein muß. Mit anderen Worten, wenn Jesus im Eschaton wiederkommen soll, um sein Leben zu beenden und zu sterben, dann muß die Ansicht, daß Jesus bereits gestorben ist, zwangsläufig zurückgewiesen werden. Zweitens bekennt sich Al-Tabarī häufig zu seinem Glauben an eine wörtliche Lesart des Quran und zu seinem Misstrauen gegenüber denen, die seine scheinbare Bedeutung aus Hintergedanken verletzen würden. Das bedeutet, daß er grammatikalischen Mitteln wie dem hysteron proteron misstrauisch gegenübersteht, das hier verwendet wird, um die Standardbedeutung von tawaffā beizubehalten, selbst wenn der Tod Jesu geleugnet wird. So gelangt Al-Tabarī zu der, vielleicht unangenehmen Position für einen selbsternannten Literalisten, daß tawaffā nicht tawaffā bedeutet und daß Jesus nicht gestorben ist. Die Frage des tawaffā erscheint in Zamakhsharīs Kommentar wesentlich weniger problematisch. Zamakhsharī beschönigt die Phrase innī mutawaffīka wa-rāfiʿuka ilayya von Sūrat āl ʿImrān (3) 55 mit einer Zusammenfassung der islamischen Standardlehre über den Tod Jesu: ‚Ich werde deine festgesetzte Zeit beenden, was bedeutet, daß ich die Ungläubigen davon abhalten werde, dich zu töten, und dich bis zu der festgesetzten Zeit stützen werde, die ich für dich geschrieben habe, und laß dich eines natürlichen Todes sterben und nicht von ihren Händen getötet werden.‘ So folgert Zamakhsharī, daß tawaffā, wenn es sich auf Jesus bezieht, sich auf das Ende seiner Zeit auf Erden bezieht, aber nicht auf seinen Tod, weshalb es ihn nicht interessiert, wenn Jesus an anderer Stelle tawaffā in der Vergangenheitsform verwendet (Q 5.117). Die Herangehensweise von Ibn Kathīr unterscheidet sich von Al-Tabarī und Zamakhsharī und ist dennoch von der gleichen Lehre geprägt. Ibn Kathīr verweist auf eine Überlieferung, vorhersehbar auf der Autorität von Wahb b. Munabbih, daß Allah Jesus am Tag der Kreuzigung 3 Tage lang sterben ließ und ihn dann wieder zum Leben erweckte und in den Himmel aufrichtete. Es überrascht nicht, daß Ibn Kathīr dies für inakzeptabel hält. Er folgt stattdessen denen, die akzeptieren, daß tawaffā Tod bedeutet, besteht aber darauf, daß es sich auf den Tod Jesu in der Endzeit bezieht. So versteht er sūrat āl ʿImrān (3) 55 mit hysteron proteron: Während dieser Vers innī mutawaff īka wa-rāfiʿuka ilayya lautet, erklärt er, bedeutet er in Wirklichkeit innī rāfiʿuka ilayya wa-mutawaffīka. Ibn Kathīrs Akzeptanz eines Kunstgriffs, den Al-Tabarī in diesem Fall ablehnt, spiegelt seine Methode im weiteren Sinne wider. Für Ibn Kathīr sind die hadīth, die den Tod Jesu nach seiner eschatologischen Rückkehr auf die Erde ansiedeln, nicht weniger als der Qur'an. Dementsprechend sind sie ein zuverlässiger Leitfaden für die Interpretation des Quran und können sogar das Rückwärtslesen des Quran rechtfertigen. Dennoch ist Ibn Kathīr nicht der einzige, der die eschatologische Rolle Jesu hervorhebt. In der Tat scheint es, daß die Akzeptanz dieser Rolle für alle Mufassirūn in der obigen Übersicht der wichtigste Faktor bei der Exegese der Koranpassagen nach seinem Tod ist. In diesen Abschnitten wird jedoch die eschatologische Rolle Jesu nicht erwähnt. Tatsächlich spricht der Quran nie klar von Jesu Platz in der Endzeit, sondern scheint ihn nur an mehreren Stellen anzudeuten. In Sūrat al-nisā'(4) 159 fügt der Quran nach der Erwähnung, daß Allah Jesus zu sich selbst erhoben hat (Vers 158), hinzu: ‚Jeder aus dem Volk der Schrift wird an ihn glauben, bevor er stirbt. Am Tag der Auferstehung wird er ein Zeuge gegen sie sein‘ Q 4.159. Wenn dieser Vers ein Hinweis auf die eschatologische Rolle Jesu zu sein scheint, wird seine genaue Bedeutung durch die Verwendung von Pronomen ohne klare Vorgeschichte mehrdeutig gemacht. Die erste Hälfte des Verses kann so verstanden werden, daß 'entweder alle JüdInnen und ChristInnen an Jesus glauben werden, bevor sie sterben, oder daß alle JüdInnen und ChristInnen an Jesus glauben werden, bevor Jesus stirbt'.
So berichtet Ibn Kathīr mit Zustimmung von einem hadīth, in dem der Prophet erklärt: ‚Jesus ist nicht gestorben. Er wird am Tag der Auferstehung zu euch zurückkehren‘ Ibn Kathīr, 1:350, zu Q 3.55–8. Diese Lesart führt zu verschiedenen exegetischen Traditionen, nach denen JüdInnen und ChristInnen im Moment ihres Todes annehmen, daß Jesus ein muslimischer Prophet ist. Ihr Glaube kommt jedoch zu spät, um sie vor der Verdammnis zu retten. Diese zweite Lesart stützt die Schlußfolgerung, daß Jesus erst in der Endzeit sterben wird. Al-Qummī kommentiert entsprechend: ‚Jesus wird vor dem Tag der Auferstehung in diese Welt herabkommen. Alle jüdischen und christlichen Gemeinschaften werden vor seinem Tod an ihn glauben.‘ In Surat al-Zukhruf (43) 61 bezieht sich der Koran in Vers 57 auf Jesus und erklärt: ‚Er oder Es ist Wissen für die apokalyptische Stunde‘ (innahu la-ʿilmun li-l-sāʿati). Wenn das Pronomen hu hier als Jesus verstanden wird, dann könnte der Quran wiederum auf seine Rolle im Eschaton anspielen. In der Tat ist dies die Schlußfolgerung der meisten Mufassirūn. Tafsīr Muqātil z. B. erklärt, daß der Koran mit der Formulierung ‚Wissen der Stunde‘ meint, daß das bevorstehende Kommen der Endzeit durch die Herabkunft Jesu vom Himmel auf einen Hügel in Jerusalem angekündigt wird. Das Ausmaß, in dem die klassischen mufassirūn darin übereinstimmen, daß der Koran auf die eschatologische Rolle Jesu anspielt, zeigt sich in Al-Tabarīs polyvalentem Kommentar. Er berichtet von 12 verschiedenen Überlieferungen, die erklären, daß Surat al-Zukhruf (43) 61 sich auf die Herabkunft Jesu in der Endzeit bezieht. Nur zwei Überlieferungen berichten stattdessen, daß dieser Vers verstanden werden sollte: ‚Es ist ‚Wissen für die Stunde‘, da der Quran in seinen häufigen Warnungen vor dem göttlichen Gericht ‚Wissen der Stunde‘ enthält. In Übereinstimmung mit der Mehrheitsmeinung besteht Zamakhsharī darauf, daß sūrat al-zukhruf (43) 61 bedeutet, daß die Stunde nicht kommen wird, bevor Jesus auf die Erde zurückkehrt und zu diesem Zeitpunkt al-Dajjāl töten wird, er kommt nach Jerusalem, führt das Volk zum Gebet gemäß dem Gebet, das Muhammad, der Segen und Friede Allah‘s sei auf ihm, festgelegt hat, tötet die Schweine, zerbricht Kreuze, zerstört Kirchen und Synagogen und tötet alle ChristInnen außer denen, die an ihn als Propheten glauben. Ibn Kathīr erklärt in seinem Kommentar zu sūrat al-nisā' (4) 159 dementsprechend, daß Jesus in diese Welt zurückkehren wird, um al-Dajjāl zu töten und alle Religionen zu vernichten. Islam: ‚Christus wird die Irrenden töten, Kreuze zerstören und Schweine töten. Er wird die Jizya durchsetzen, was bedeutet, daß er sie von keinem der Menschen der Religionen annehmen wird. Er wird nichts anderes annehmen als den Islam oder das Schwert.‘ Später kommt Ibn Kathīr zu dem Schluß, daß dieser Vers ein Bericht über die Art und Weise ist, in der Christus die Juden bestrafen wird, ‚für ihre schweren Beleidigungen an ihm und seiner Mutter vgl. Q 4.156 und die ChristInnen für die Art und Weise, wie sie ihn verehrten, indem sie behaupteten, er sei etwas, was er nicht war, und ihn vor den Juden von der Stufe des Prophetentums zur Stufe der Herrschaft erhoben. Er steht weit über dem, was diese Leute sagen.‘ In ähnlicher Weise beharrt Ibn Kathīr darauf, daß sūrat al-zukhruf (43) 61 sich auf die Rückkehr Jesu in diese Welt im Eschaton bezieht, und weist darauf hin, wie viele wichtige Autoritäten (Abū Hurayra, Ibn ʿAbbās, Abū al-ʿĀliyya, Abū l-Salām, ʿIkrima, al-H ̇ asan, Qatāda, D ̇ ah ̇ h ̇ āk und andere) hadīths liefern, die diesen Bericht vom Propheten selbst übermitteln. Gemäß einer von Ibn Kathīr überlieferten Überlieferung "Jesus wird alle ChristInnen zwingen, Muslime zu werden.'"
Zitat Dr. Martin Bauschke, Religionswissenschaftler über den „Marienssohn im Koran“:
"Sure 19 Die Botschaft des KORAN an ChristInnen s. auch Inschrift im Felsendom/Jerusalem
'Und sie sagen: Der Allerbarmer hat Sich Kinder genommen. Ihr habt ja eine abscheuliche Sache begangen. Beinahe brechen davon die Himmel auseinander, und (beinahe) spaltet sich die Erde, und (beinahe) stürzen die Berge in Trümmern zusammen, daß sie dem Allerbarmer Kinder zuschreiben. Es ziemt dem Allerbarmer nicht, Sich Kinder zu nehmen. Niemand in den Himmeln und auf der Erde wird zum Allerbarmer anders denn als Diener kommen können.' Diese Passage knüpft, auch wenn der Name Jesu nicht explizit genannt wird, direkt an die erste Rede des Neugeborenen Mariensohnes Jesus in den Versen 30ff. an. Vers 93 gibt generalisierend die Selbstbeschreibung des Jesusknaben als Gottesknecht von Vers 30 wieder …“ ???
Die Vorstellung, daß ‚Allah einen Sohn zeugen oder annehmen bzw. zu sich nehmen‘ könnte, greift der Koran in der Folge immer wieder auf und weist sie zurück. Die zeitgenössischen Korankommentatoren betonen vor allem, wie anthropomorph die Auffassung sei, daß Allah eine Tochter oder einen Sohn haben könnte. So erläutert Abdullah Yusuf Ali zu Vers 35: 'Einen Sohn zu zeugen, ist ein physischer Akt, der auf den Bedürfnissen der animalischen Natur der Menschen beruht. Der Allerhöchste ist unabhängig von allen Bedürfnissen, und es ist Ihm gegenüber herabwürdigend, Ihm einen solchen Akt zuzusprechen. Dies ist schlicht das Relikt eines heidnischen und anthropomorph-materalistischen Aberglaubens.' Erstaunlicherweise ist es für den Koran nicht völlig denkunmöglich, daß Allah einen Sohn haben könnte – wenn er denn gewollt hätte. Doch hat Allah nach Ansicht des Korans nicht gewollt, da er eben nicht nur im Himmel, sondern auch auf Erden Allah sei und daher keinen Allahsohn als Stellvertreter oder Repräsentant auf Erden nötig hat. Spiegelt Sure 19,89f. bloß den anfänglichen Schock wider angesichts des unfassbaren Glaubens der Christen an eine göttliche Natur Jesu, so begegnen in Sure 43 erstmals Hinweise darauf, dass diejenigen Menschen, die Allah einen Sohn andichten, also Frevelhaftes über Jesus aussagen, dem Gericht anheimfallen werden. Ihnen drohen harte Strafen am Jüngsten Tag (Verse 65, 83).
Ein sechster Bezug des Korans auf den Streit um die Natur Jesu findet sich wenig später in der ebenfalls mittelmekkanischen Sure 21. Auch diese Passage argumentiert gleich zu Beginn mit der Bestimmung aller Menschen zum Allah-Dienst, auch aller Gesandter Allah‘s, und läßt damit Jesu Selbstbezeichnung als Allahsknecht anklingen. Die Drohung mit schweren Strafen im Gericht für den Frevel, sich selbst zu einem Allah oder Sohn Allah‘s zu erklären, wird nunmehr gesteigert zur Höchststrafe – der Hölle: Vor dir (sc. Muhammad) sandten wir keinen Gesandten, dem wir nicht offenbart hätten: „Kein Allah ist außer mir! So dienet mir!‘ Und sie (sc. die Christen) sprechen: ‚Der Erbarmer hat Kinder angenommen. Gepriesen sei er! Nein, es (sc. die Gesandten) sind hochgeehrte Knechte. Beim Reden kommen sie ihm (sc. Allah) nicht zuvor und handeln nur auf sein Geheiß. Er weiß, was vor und hinter ihnen ist. Sie legen nur für den Fürsprache ein, an dem er Wohlgefallen hat. Und dabei ängstigen sie sich aus Furcht vor ihm. Wer von ihnen spricht: „Siehe, ich bin Allah neben ihm.“ Dem vergelten wir mit der Hölle! Auf diese Weise vergelten wir den Frevlern.‘
Nach Auskunft von Aischa, der Lieblingsfrau des Propheten, soll Muhammad später in Medina diese Sure jede Nacht in seinem Gebet rezitiert haben. Ein Nachtgebet des Propheten also, das regelmäßig in dem Glauben an den konsequenten Monotheismus und in der Ablehnung der Allahssohnschaft Jesu gipfelte. Von Strafen und Gericht ist hier nicht die Rede. Man könnte fast meinen, damit wäre der Streit um die göttliche Natur für den Koran beendet. Doch dem ist nicht so. Es finden sich einige weitere Belege dafür, daß dieser Konflikt Muhammad bis an sein Lebensende nicht mehr losgelassen hat.
Ganz ähnlich argumentiert Ibn Kathıˉr fast 2 Jahrhunderte später: „Der, welcher Adam erschuf ohne einen Vater, ist gewiß in der Lage, Jesus ebenso zu erschaffen. Wenn es demzufolge möglich ist, göttliche Sohnschaft für Jesus zu beanspruchen allein aus dem Grund, daß er erschaffen wurde ohne einen Vater, dann wäre es noch begründeter, dies für Adam zu beanspruchen. Es besteht allerdings (sc. unter Muslimen) ein genereller Konsens darüber, daß dies ein trügerischer Anspruch ist. Ja, dieser Anspruch für Jesus ist sogar besonders trügerisch und heimtückisch. Vielmehr wollte der HERR, gepriesen sei Seine Herrlichkeit, Seine Allmacht manifestieren, indem Er Adam erschuf ohne Mann oder Frau, Eva von einem Mann ohne Frau, und Jesus von einer Frau ohne Mann, sowie den Rest der Menschheit von einem Mann und einer Frau.‘
Allah einen Sohn zuzuschreiben ist Sure 4,171 zufolge eine religiöse Übertreibung. Zamakhsharıˉ erläutert dazu: „Die Juden sind zu weit gegangen, indem sie Christus in seiner Stellung herabgesetzt haben, da sie ihn für ein illegitimes Kind von Maria hielten. Und die Christen sind zu weit gegangen, indem sie ihn über Gebühr erhöht haben, da sie ihn für einen Allah hielten.“ Diese Kernsätze der Messianologie des Korans aus Sure 4 sind seit Ende des 7. Jhd. sogar in Fels gehauen. Möglicherweise stellen sie den ältesten erhaltenen Korantext dar. Ein Teil des 240 Meter langen Inschriftenbandes am Jerusalemer Felsendom handelt nämlich von Jesus, dem Allahsknecht. Hier wird Sure 4,171 f. zitiert, ebenso der oben zitierte früheste Bezug des Korans auf die Allahssohnschaft Jesu in Sure 19,33–36. Dazu bemerkt Angelika Neuwirth: „Religionspolitisches Ziel der Inschriften ist es, den vor Ort als Allahssohn verehrten Jesus auf seine koranische Dimension eines bloßen Allahsdieners zurückzustufen und ihm den Propheten des Islam auf gleicher Höhe, als einen im Himmel und auf Erden hochgeehrten Propheten zur Seite zu stellen.‘ Viele Ausleger gehen besonders auf die in Sure 4,172 betonte Demut Jesu ein, die eine Tugend jedes Dieners sei. Schon lange ist vermutet worden, in diesem Vers könnte sogar eine Passage aus einem neutestamentlichen Christushymnus anklingen (Philipper 2,7f.): ‚er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen; er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod.‘ Abdullah Yusuf Ali weist in seinem Kommentar zu Sure 4,172 auf die Demut Jesu hin, die sein ganzes Leiden und Sterben kennzeichne und sein Selbstverständnis als Allahsknecht bestätige: „Oft wachte Christus und betete, als ein demütiger Verehrer Allah‘s; und sein Todeskampf im Garten von Gethsemane war voller menschlicher Würde, Leiden und Selbstdemütigung.‘ Bis ans Ende seiner Wirksamkeit sah sich Muhammad mit dem Streit um die Allahssohnschaft Jesu konfrontiert. Dies belegen die beiden mutmaßlich jüngsten Suren. In Sure 9,30–32, dem insgesamt zwölften Beleg, heißt es: Die Juden sagen: ‚Esra ist Allahes Sohn.‘ Die Christen sagen: ‚Der Messias ist Allahes Sohn.‘ Das ist es, was sie mit ihrem Munde reden! Sie ahmen die Rede der Ungläubigen vor ihnen nach. Allah verfluche sie! Wie können sie nur so verblendet sein! Sie nahmen sich ihre Schriftgelehrten und Mönche zu Herren an Allahs alleiniger statt – und den Messias, Marias Sohn. Doch wurde ihnen befohlen, nur einem Allah zu dienen: Kein Allah ist außer ihm! Gepriesen sei er! Erhaben ist er gegenüber dem, was sie beigesellen! Sie wollen Allah‘s Licht mit ihren Mündern auslöschen. Allah aber will sein Licht unbedingt vollkommen machen, auch wenn das den Ungläubigen zuwider ist.‘ Dies ist die einzige Stelle im Koran, an der Jesus nicht allgemein walad Allaˉ h (allg. ‚Abkömmling, Kind‘, aber auch ‚Sohn Allah’s‘), sondern direkt ibn Allaˉh (‚Sohn Allah‘s‘) genannt wird. Sure 4,171 hat es als religiöse Übertreibung bezeichnet, Allah einen Sohn zuzuschreiben. Hier verschärft sich der Ton des Korans gegenüber den ChristInnen nochmals drastisch. Statt den bisherigen Androhungen von Allah‘s Gericht oder eines Allahsurteils wird nun geradewegs der Fluch Allah‘s auf die ChristInnen herabgerufen. Allah einen Sohn zuzuschreiben wird als Ausdruck menschlicher Verblendung und theologischer Verirrung bezeichnet, als Versuch, das ‚Licht Allah‘s, das in seiner unteilbaren Einheit und Einzigkeit besteht, zu verdunkeln. Doch ist es bloße Propaganda, wie das zweimalige bi-afwaˉhihim (‚mit ihren Mündern‘) andeutet: also menschliche Lehre und keine göttliche Offenbarung. Erstmals wird hier in Sure 9 diese illegitime, weil von Allah nicht befohlene Zuschreibung mit 2 bedeutungsschweren Begriffen bezeichnet: als kufr und als shirk. Kufr meint Allahsleugnung. Die kaˉfirun sind nicht eigentlich die ‚Ungläubigen‘, wie der Religionswissenschaftler Hartmut Bobzin mit einem christlichen Terminus übersetzt, sondern primär diejenigen, welche Allah‘s wahres Sein leugnen, indem sie ihm nämlich entweder die Existenz als solche absprechen wie die Atheisten, oder indem sie seine Einheit und Einzigkeit dadurch verdunkeln, daß sie Allah eine oder mehrere Allahheiten zur Seite stellen (wie die Polytheisten). Und eben diese ‚Beigesellung‘ meint das zweite Wort shirk. Mit einem Wort: Der Koran geht an dieser Stelle mit seiner Ablehnung der Allahssohnschaft Jesu so weit, daß er den ChristInnen und Judenchristinnen damit droht, sie aus dem Kreis der tolerierten Monotheisten, also der Anhänger einer Offenbarungsschrift (arab. ahl al-kitaˉb) auszuschließen. Ihnen wird nicht mehr nur das göttliche Gericht angedroht, sondern sie werden im Namen Allah‘s verflucht. Die Konfrontation mit den ChristInnen scheint unüberbrückbar. Sure 9,30–32 lehnt die Allahssohnschaft Jesu letztlich aus denselben 3 Gründen ab, wie in früheren Passagen des Korans bereits die polytheistische Auffassung der Gegner Muhammads in Mekka zurückgewiesen wurde. Nämlich: Allah duldet als der Eine und Einzige keinen Teilhaber an Seiner Seite. Sodann: Allah hat keinen Sohn als Repräsentanten auf Erden nötig, da ihm als Schöpfer ohnehin Himmel wie Erde gehören und ergeben sind. Und: Allah in seiner Unvergleichlichkeit ist ‚erhaben‘ (subhaˉ n) darüber, eine Gefährtin zu haben, mit der er Kinder zeugen würde. Allah zeugt weder Töchter noch Söhne. Als Schöpfer befiehlt er und ruft ins Dasein. Die Behauptungen Unwissender, die suggerieren, Allah sei ein irgendwie geschlechtlich spezifizierbares Wesen, sind Anthropomorphismen, menschliche Phantasien. In der spätmekkanischen Sure 6 etwa, in einer Phase, in der Muhammads Beschäftigung mit Jesus weitgehend ‚ruht‘, ist zu lesen, ohne expliziten Bezug zur Person Jesu: 'Sie machten Allah Gesellen: die Dschinne, die er doch selbst erschuf, und dichteten ihm ohne Wissen zu haben Söhne und Töchter an. Gepriesen sei er und erhaben über das, was sie beschreiben! Der Schöpfer der Himmel und der Erde! Wie sollte er denn einen Sohn haben, da er nicht einmal eine Gefährtin hatte? Er schuf doch alle Dinge! Und Er hat Wissen über alle Dinge.' Die drohenden Worte steigern sich sogar noch einmal in den beiden letzten Stellungnahmen des Korans zum Streit um Jesu Allahssohnschaft, kurz vor dem Tod Muhammad‘s sozusagen. Sie finden sich in der wohl jüngsten aller Suren, die sich in verschiedenen Passagen mit der Gestalt Jesu befasst. So heißt es zunächst in Sure 5,17: Das koranische shirk-Verbot entspricht dem jüdischen Tabu der „Vermischung“ (hebr. shittuˉ f) vgl. dazu auch Sure 7,190f.; 10,18; 16,1–3; 17,42f.; 23,92; 27,63f.; 28,68–70; 30,40; 39,67; 52,43; 59,23. 127. Wie in Sure 19,30 wird hier die Beschreibung Jesu als Sohn Allah‘s als eine Form der Allah‘sleugnung (kufr) bezeichnet. Der indische Gelehrte Abdul Madjıˉd Daryabaˉdıˉ (gest. 1977) merkt zu diesem Vers schlicht an: ‚Jesus ist ein sterblicher Mensch und der Sohn einer sterblichen Mutter.‘ Der Koran läßt sich hier in letzter Zuspitzung zu einer Art Horrorphantasie hinreißen, um Allah‘s schlechthinnige Souveränität zu illustrieren: Er könne jederzeit die gesamte Menschheit und also auch Jesus mitsamt seiner Mutter zugrunde gehen lassen. Die Allmacht Allah‘s impliziert seine völlige Unabhängigkeit. Das Konzept eines in irgendeiner Weise an seinen ‚Sohn‘ gebundenen und ihm womöglich verpflichteten ‚Vaters‘ passt nicht zu Allah‘ss Absolutheit. Ein weiterer Bezug auf den Streit um die Natur Jesu findet sich etwas später in Sure 5,72–79. Die Passage beginnt mit demselben Satz wie Vers 17. Ich zitiere im Folgenden nur einen Teil daraus; die ausgelassenen Verse zur Trinität werden im folgenden Kapitel gesondert behandelt: Ungläubig sind, die sagen: ‚Siehe, Allah ist der Messias, Marias Sohn.‘ Denn der Messias spricht: ‚Ihr Kinder Israel! Dienet Allah, meinem Herrn und eurem Herrn!‘ Siehe, wer Allah etwas beigesellt, dem wird Allah den Paradiesesgarten verwehren, und sein Zufluchtsort wird das Höllenfeuer sein. Die Frevler haben keine Helfer. Der Messias, Marias Sohn, ist nichts als ein Gesandter, vor dem andere Gesandten dahingegangen sind. Seine Mutter ist eine Gerechte. Sie beide nahmen Speise zu sich! Schau, wie wir ihnen die Zeichen klarmachen! Und noch einmal: Schau, wie können sie nur so verblendet sein? Sprich: ‚Wollt ihr wohl an Allahes statt verehren, was euch nicht schadet oder nutzt?‘ Allah, er ist der Hörende, der Wissende. Sprich: ‚Ihr Buchbesitzer, geht in eurem Glauben nicht über das Wahre hinaus, und folgt nicht den Gelüsten eurer Leute, die vorher schon vom Weg abirrten und viele andere abirren ließen und nun vom geraden Weg abgeirrt sind!‘ Verflucht wurden die unter den Kindern Israel, die ungläubig waren, durch die Zunge von David und von Jesus, Marias Sohn. Dies, weil sie aufsässig waren und Übertretungen begingen. Sie hielten einander nicht vom Verwerflichen ab, das sie taten. Ja, wie schlimm ist, was sie immer wieder taten!‘ Hier wird eine göttliche Natur Jesu mit dem aus mekkanischer Zeit bekannten Argument bestritten, daß alle Menschen zu Dienern Allah‘s bestimmt seien. Doch kommt dieses alte Argument hier insofern in einem neuen Gewand, daß es als Argument in Jesu eigenem Munde begegnet. Wir hatten oben bei der Behandlung der Botschaft Jesu herausgearbeitet, daß diese theozentrisch sei. Muslimische Ausleger verweisen gerne und mit Recht darauf, daß auch und schon die neutestamentlichen Evangelien die Theozentrik der Botschaft Jesu bezeugen z. B. Matthäus 4,10; Markus 12,29f.; Lukas 128
Es ist letztlich das Selbstzeugnis Jesu, das dem neuen Argument des Korans zufolge seiner Allahssohnschaft widerspricht. Bereits bei den ältesten Bezugnahmen des Korans zum Streit um Jesus begegnet der Satz ‚Siehe, Allah ist mein Herr und euer Herr, so dienet ihm! Das ist ein gerader Weg‘ (Sure 19,36) als Argument gegen die Allahssohnschaft Jesu. Daß dieser Satz ein Zitat Jesu ist, wird erst später in Sure 43,64 deutlich, wo er erneut auftaucht, jedoch nicht im Kontext des Streits um seine Natur. Erst hier in Sure 5,72 begegnet dieser Satz explizit im Munde Jesu und zugleich als Argument gegen seine Allahssohnschaft. Diese Denkfigur, sozusagen mit Jesu eigenen Worten gegen seine angebliche Allahessohnschaft zu argumentieren, war offenbar so beeindruckend, daß der Koran sie in einer langen Passage am Ende dieser Sure nochmals wiederholt, dort sogar ausdrücklich an die Adresse Allah‘s und nicht nur der Menschen gerichtet. Da es dort auch um die Frage der Trinität geht, werde ich auch jene Passage erst im folgenden Kapitel behandeln. Ein weiteres neues Argument gegen die Allahssohnschaft Jesu in dieser Passage ist der Hinweis auf die menschlichen Bedürfnisse Jesu und Marias in Sure 5,75. Warum sollte die besondere Betonung des Menschseins Jesu und Marias ein Argument sein? Jesus sei kein Allah oder Allahmensch, sondern wahrer Mensch mit wahrhaft menschlichen Bedürfnissen gewesen. Daß aus Sicht des Korans auch in Bezug auf Maria eine analoge Klarstellung notwendig war, wird gleich im nächsten Kapitel gezeigt werden. Abgesehen vom Selbstzeugnis Jesu gelten also auch seine menschlichen Bedürfnisse als ein Beweis seiner Nicht-Göttlichkeit!??? Denn laut Koran hat ein Allah keine Bedürfnisse, wie Menschen sie haben. Jesus und auch seine Mutter jedoch haben gegessen und getrunken, was nur gewöhnliche Sterbliche zu tun pflegen bzw. zu tun genötigt sind. Sayyid Qutb bemerkt in seinem Kommentar zu diesem Koranvers: ‚Daß er Nahrung zu sich genommen hat, ist im Leben Jesu, Allahs Friede sei mit ihm, sowie im Leben seiner wahrhaften Mutter eine Tatsache. Sie ist eine Eigenheit von erschaffenen Lebewesen und ein Zeichen des Mensch-Seins von Jesus und seiner Mutter. Wer Nahrung zu sich nimmt, stillt damit ohne Zweifel ein menschliches Bedürfnis, und es kann kein Allah sein, der dies tut, um zu leben. Denn Allah lebt, besteht und erhält Sich Selbst, ohne Essen zu benötigen.‘ Hier ist nur davon die Rede, daß die ChristInnen damit aufhören sollen, von einer göttlichen 3heit zu reden. Denn fürwahr ist Allah ein einziger Allah. Worin genau diese göttliche 3heit bestehen soll, wird noch nicht klar. Daß diese 3heit etwas mit Maria zu tun hat, deutet sich erst in einem späteren Text an, in dem sich auch der schon mehrfach zitierte Hinweis auf die Nahrungsaufnahme Sterblicher findet (Sure 5,73–75).
In der islamischen Tradition ist diese Absicht sogar noch verstärkt worden. In der Mystik wurde sie dahingehend variiert, daß Jesus durch Iblıˉs, so der Name des Teufels im Koran, dazu verführt werden soll, nicht etwa dem Versucher, sondern sich selbst Göttlichkeit anzumaßen. Dieses in unterschiedlichen Erzählvarianten wiederkehrende Motiv begegnet bei dem persischen Mystiker Ruzbihan Baqli (gest. 1209) in folgender Form, in der Jesus hart von Iblıˉs bedrängt wird: Er sagte: ‚O Jesus, deine Angelegenheit ist so weit gekommen, daß du der Allah auf Erden bist, und Er ist der Allah im Himmel.‘ Jesus sagte: ‚Allah ist einer, und ich bin Sein Diener.‘ Aber er insistierte so lange, daß Jesus ganz verwirrt wurde. Er rief zu Allah, erhaben ist Er, und Gabriel kam, ergriff den Verfluchten und schleuderte ihn an die Sonnenscheibe. Gleich darauf kam er zurück und sagte: ‚O Jesus, deine Angelegenheit ist so weit gekommen, daß Allah dieToten belebt und du die Toten belebst; Er ist der Allah des Himmels und du bist der Allah der Erde.‘ Jesus zitterte und sagte: ‚Ich bin Sein Diener und der Sohn der Jungfrau.‘ Er erbat von Allah, daß er ihn befreie. Michael ergriff den Verfluchten und schleuderte ihn gegen die Sonnenscheibe. Jesus erweist sich in dieser Textpassage sowohl dem Koran wie auch der islamischen Tradition zufolge gerade dadurch als ein vorbildhafter Mensch, daß er nicht begehrt, mehr als der Mariensohn und Allahsknecht zu sein. Nicht wesentlich anders hatten die Spruchquelle „Q“, weite Teile der synoptischen Evangelien sowie das von der Großkirche später verketzerte Judenchristentum den Juden Jesus beschrieben.
Der iranische Religionsphilosoph Seyyed Hossein Nasr sieht in diesem Widerspruch eine höhere Weisheit walten (Islamic Life and Thought, New York 1981, S. 209): ‚Der Quran akzeptiert jedoch nicht, daß er (sc. Jesus) gekreuzigt wurde, sondern sagt, daß er direkt in den Himmel gebracht wurde. Dies ist die eine irreduzible ‚Tatsache‘, die Christentum und Islam trennt, eine Tatsache, die in Wirklichkeit von der Vorsehung dorthin gelegt wurde, um eine Vermischung der beiden Religionen zu verhindern.‘
Natürlich gibt es auch viele muslimische Theologen, die analog zu ihren christlichen Kollegen in der Ablehnung der Kreuzigung Jesu einen Beweis für die koranische Zurückweisung der christlichen Versöhnungsidee sehen und diese entsprechend angreifen. Einzelne Verse, die womöglich von Stellvertretung sprechen, sich also vielleicht auf die christliche Heilslehre beziehen (Sure 6,164; 17,15; 35,18; 39,7; 53,38), weisen jedoch keinerlei Bezug zu Jesus oder dem Kreuz auf. Sie bleiben daher in dieser Darstellung des koranischen Jesus unberücksichtigt.
Der Hauptanklagepunkt ‚Allahmord‘ gegen die JüdInnen entfällt gleich doppelt, da Jesus weder der Sohn Allah‘s war noch gekreuzigt wurde. Die Unantastbarkeit der Gesandten Allah‘s, ‚es ist schon schlimm genug, wenn ungläubige oder verstockte Menschen sich immer wieder an Allah‘s Propheten vergreifen und sie womöglich töten. Doch die Gesandten Allah‘s sind gleichsam Sein Augapfel. Wie schon bei Abraham, Mose und zuletzt bei Muhammad selbst läßt Allah, laut Koran, nicht zu, daß seinem Gesandten Jesus auch nur ein Haar gekrümmt werde.
Ermahnung der ChristInnen, aber kein Anti-Christentum des Korans: ‚Auch wenn der Koran das Prinzip der Stellvertretung nicht akzeptiert, war das nicht der Grund für die Ablehnung der Kreuzigung Jesu. Mit den Worten des iranischen Denkers Mehdi Bazargan (gest. 1995) ausgedrückt: ‚Es ist bemerkenswert, daß der Koran die Kreuzigung Jesu Christi und die Aussage, er sei Allahes Sohn, nicht ablehnt, um das Evangelium für ungültig zu erklären, sondern um die ChristInnen in ihren Überzeugungen auf den richtigen Weg zu führen und sie ihre Meinungen überdenken zu lassen.‘ Allah als HERR und Lenker der Geschichte: Allah‘s schlechthinnige Souveränität macht ihn überlegen gegenüber jeder Form menschlicher Opposition gegen Ihn und Seinen Ratschluß. Allah's List übertrifft alle menschlichen Intrigen.
Was im Tanach Hiob über Allah bekennt, ist exakt das, was der Koran hier vor Augen hat (Hiob 5,12–13): ‚Er fängt die Listigen in ihrer List, damit ihre Hände nichts Rechtes vollbringen. Was ihre klugen Köpfe stolz ersinnen, das stellt er auf den Kopf und macht’s zunichte.‘ Deshalb widerspricht der Koran den JüdInnen entschieden, wie es im Kreuzigungsvers mit doppelter Verneinung weiter heißt: ‚Aber sie haben ihn nicht getötet und haben ihn auch nicht gekreuzigt. Sondern es kam ihnen nur so vor.‘ Wie genau Allah Jesus vor dem Kreuz bewahrt hat, verrät der Koran nicht. Er bietet keine Erklärung. Er liefert keine Theorie zur Harmonisierung seiner Aussagen mit denen der christlichen Tradition. Der Koran begnügt sich mit der Versicherung, daß Jesus vor dem Kreuzestod bewahrt wurde. In der Tat wurde der Kreuzigungsvers von den Muslimen von Anfang an ganz überwiegend im Sinne der Leugnung der Kreuzigung Jesu verstanden. Manche Muslime werten das koranische Nein zur Kreuzigung Jesu als Absage an den christlichen Antijudaismus und sehen sich vom Koran ermächtigt, als Anwälte der JüdInnen gegenüber den ChristInnen aufzutreten. So argumentierte etwa der bekannte südafrikanische Prediger Ahmed Deedat (gest. 2005) in einem Streitgespräch mit dem Evangelisten Josh McDowell in Durban 1981 über die Frage „Wurde Christus gekreuzigt?“ folgendermaßen: ‚Es wird behauptet, daß Jesus Christus vor 2000 Jahren von den Juden durch Kreuzigung ermordet wurde. Und als solche sind die Juden des Mordes an Jesus Christus schuldig. Uns Muslimen wird gesagt, daß sie unschuldig sind, weil Christus weder getötet noch gekreuzigt wurde. Und als solche habe ich vom Heiligen Quran das Mandat erhalten, die Juden gegen die christliche Anklage zu verteidigen. Die klassischen islamischen Korankommentatoren haben alle mehr oder weniger Kenntnis vom Inhalt der kanonischen und sicher auch einiger außerkanonischer Varianten der Passionsgeschichte. Je besser ihre Kenntnis davon war, desto größer wurde offenbar auch ihre Lust an Spekulationen über die Vorgänge vor, bei und nach der Errettung Jesu, von denen faktisch im Koran selbst nichts berichtet wird. Meist werden die verschiedenen Theorien in den Kommentaren nebeneinander gestellt, manchmal kommentiert und bewertet, doch wird die endgültige Entscheidung, welche Auslegung der Wahrheit entspricht, Allah anheimgestellt, der es ‚am besten weiß‘, da nur er die rechte Deutung vieldeutiger Koranverse kennt (Sure 3,7).
Um wenigstens ein Beispiel für die Auflistungen von Deutungsvarianten zum Kreuzigungsvers in der klassischen Kommentarliteratur zu geben, sei im Folgenden aus Raˉ zıˉs Zusammenfassung zitiert: ‚Die Gelehrten sind sich darüber nicht einig. Sie haben verschiedene Erklärungen erwähnt. Als erste Erklärung haben viele Theologen vorgetragen, daß Allah Jesus zu sich erhoben hat, als die JüdInnen beschlossen hatten, ihn zu töten; da befürchteten die Vorsteher der JüdInnen einen Aufruhr im Volk. So haben sie einen anderen Menschen genommen, ihn gekreuzigt und den Leuten vorgetäuscht, er wäre Christus. Die zweite Erklärung besagt, daß Allah einem anderen Menschen eine Ähnlichkeit mit ihm verliehen hat. Wie aber? Darüber gibt es verschiedene Möglichkeiten: Titayus der Jude ging in ein Haus, in dem sich Christus aufgehalten hatte, hinein. Er fand ihn dort nicht. Allah aber verlieh ihm seine Ähnlichkeit. Als er hinausging, wurde er für Jesus gehalten; er wurde gefangen und gekreuzigt. Man hatte einen Mann bestellt, um Jesus zu überwachen. Jesus wurde aber in den Himmel erhoben, und Allah verlieh seine Ähnlichkeit jenem Aufpasser, den man tötete, während er beteuerte ‚Ich bin doch nicht Jesus‘.
Basilides war wahrscheinlich Schüler des Urvaters der Gnosis Menander, Hauptvertreter der ägyptisch-alexandrinischen Gnosis und wurde von ChristInnen der Häresiarch/Herrscher der Irrlehrer genannt. Er lehrte um 130-140 n. Chr. in Alexandria, vor seiner Ankunft in Alexandria in Persien. Zu seinen Werken zählen ein ‚Psalmenbuch, mehrere Oden, ein Bibelkommentar in 24 Bänden, Exegetica genannt und eine Lehrschrift, die fälschlich ‚Evangelium‘ genannt wurde. Die Doppelnatur Christi konnte von den gnostizierenden ChristInnen so stark betont werden, daß sich der Zusammenhang zwischen dem göttlichen, leidensunfähigen Christus und dem am Kreuz sterbenden menschlichen Jesus vollends auflöste. Der am Kreuz Sterbende wurde schlichtweg ‚ein anderer‘. Aus der Zweinaturenlehre der christlichen Gnostiker wurde die Lehre vom doppelten Christus. So entstand eine Substitutionstheorie, die mit zwei völlig verschiedenen Personen spekulierte. Bereits Basilides soll gelehrt haben, daß nicht Jesus, sondern Simon von Kyrene, der das Kreuz tragen musste, an Jesu statt gekreuzigt worden sei: „Der wurde dann aus Unwissenheit und Irrtum gekreuzigt, nachdem er von ihm (Christos) so verwandelt worden war, daß man ihn für Jesus hielt; Jesus selbst hatte die Gestalt Simons angenommen, stand dabei und machte sich über ihn lustig. Die Basilidianer, deren Existenz mindestens bis ins 4. Jhd. nachweisbar ist, haben ihrerseits andere Gruppen beeinflusst, etwa die Sethianer. Im Zweiten Logos des Großen Seth sagt Jesus nämlich: ‚Ich wurde ihnen nicht ausgeliefert wie sie geplant hatten. Ich war doch überhaupt nicht dem Leiden unterworfen. Jene bestraften mich mit dem Tode, doch ich starb nicht wirklich, sondern nur dem Anschein nach, damit ich nicht durch sie zuschanden gemacht würde. Wahrlich nicht mich sahen und bestraften sie, ein anderer war jener, der die Galle und den Essig trank; nicht ich war es, der mit dem Rohr geschlagen wurde; ein anderer war es, der das Kreuz auf seiner Schulter trug, nämlich Simon. Ein anderer war es, dem die Dornenkrone aufs Haupt gesetzt wurde. Ich aber ergötzte mich in der Höhe. Und ich lachte über ihren Unverstand.‘
In der folgenden Darstellung wird schnell erkennbar: So sehr sich der Koran selbst gegen jede doketistische Deutung des Menschen Jesus wehrt, dessen menschliche Bedürfnisse sogar gegenüber den Miaphysiten besonders betont werden (Sure 5,75), verraten gleichwohl alle muslimischen Auslegungstheorien über den Kreuzigungsvers einen doketistischen Ursprung, insofern sie wie die gnostizierenden Christen in unterschiedlicher Weise Jesu Kreuzigung und Tod am Kreuz als Irreführung, als Illusion oder für bloße Augenwischerei erklären. Im Folgenden sei ein Überblick über die wichtigsten Varianten zunächst der Substitutionstheorie geboten, ergänzt durch einige exemplarische Zitate. Gemeinsam ist allen Varianten, daß sie ein wundersames Eingreifen Allah‘s bzw. Jesu mit Allah‘s Erlaubnis voraussetzen. Dieses Wunder bewirkte, daß der faktisch Ergriffene und Gekreuzigte das Aussehen Jesu annahm. Ihm wurde die Gestalt oder auch nur das Gesicht Jesu gleichsam ‚übergeworfen‘. Nur durch Allah‘s List, nur durch dieses Wunder der ‚Verähnlichung‘ oder ‚Verwandlung‘ konnte ein anderer zum Doppelgänger und somit zum Ersatzmann Jesu werden.
Die Verwechslungsvariante ist der älteste Beleg für die Substitutionstheorie und geht auf den erwähnten ‚Vater der Koranauslegung‘ Abd Allaˉ h ibn Abbaˉ s zurück. Ihm zufolge wird Jesus zufällig verwechselt mit einem Freund der Juden, Ibn Abbaˉ s nennt ihn Natyanus. Bei anderen Kommentatoren bleibt der Name des Verwechselten anonym, bei manchen handelt es sich auch um einen Wächter, der Jesus bewachen sollte, oder um einen der Jünger Jesu. Diese Person wird versehentlich an Jesu statt gekreuzigt. Eine zeitgenössische Version der Verwechslungsvariante findet sich bei Ahmad Shafaat in seinem auf der Grundlage des Islams geschriebenen ‚Evangelium‘ von 1979. Hier ist es der Bandit Jesus Barabbas, der versehentlich gekreuzigt wird, während Allah Jesus lebend zu sich erhöht. Etliche Kommentatoren haben die Verwechslungsvariante jedoch kritisiert, weil ein Unschuldiger sterben müsse. Dieses Dilemma versucht die Freiwilligen- oder Jüngervariante zu lösen, indem sie mit einem Ersatzmann Jesu aus dem Jüngerkreis operiert, der sich aus freiem Willen zur Verfügung stellt. Diese Deutung geht Tabarıˉ zufolge bis auf Wahb ibn Munabbih (gest. ca. 730) zurück, der für die klassischen Korankommentatoren der wichtigste Tradent jüdisch-christlicher Überlieferungen war. Tabarıˉ gibt Wahbs Interpretation, welche die älteste Version der Jüngervariante darstellt, folgendermaßen wieder: ‚Jesus begab sich mit 17 Jüngern in ein Haus. Die JüdInnen belagerten sie, und als sie bei ihnen eindrangen, verwandelte Allah alle 17 Jünger in die Gestalt Jesu. Da sagten die Juden zu ihnen: ‚Ihr habt uns behext. Jesus soll vortreten oder wir töten euch alle.‘ Jesus aber sagte zu seinen Jüngern: ‚Wer von euch verkauft heute sein Leben für das Paradies?‘ Einer von ihnen sagte: ‚Ich, Jesus.‘ Dann trat er zu ihnen vor und sagte: ‚Ich bin Jesus.‘ Allah hatte ihn ja in die Gestalt Jesu verwandelt. Sie ergriffen ihn und töteten und kreuzigten ihn. So wurde bewirkt, daß die JüdInnen ihn für Jesus hielten und glaubten, sie hätten Jesus getötet. Genauso glaubten die ChristInnen, es sei Jesus.‘
Als sie denjenigen, der Jesus ähnlich gemacht worden war, gekreuzigt hatten, kam Maria, die Mutter Jesu, und eine Frau, für die Jesus gebetet und die er von der Besessenheit geheilt hatte, um bei dem Gekreuzigten zu weinen. Da kam der echte Jesus zu den beiden und sagte: ‚Über wen weint ihr?‘ Sie sagten: ‚Über dich.‘ Da sagte er: ‚Allah hat mich emporgehoben, mir ist nichts passiert, nur Gutes. Das da am Holz des Kreuzes ist jemand, der ihnen zum Trugbild gemacht worden ist!‘“ ???
1066 n. Chr.: Das Massaker von Granada war ein Pogrom an Juden, das in Granada zur Zeit der Herrschaft der Ziriden im islamischen Herrschaftsgebiet von al-Andalus stattfand. Es gilt als erstes Pogrom auf europäischen Boden. Am 30.12. stürmte eine muslimische Menschenmenge den Königspalast, kreuzigte den jüdischen Wesir Joseph ibn Naghrela und massakrierte den Großteil der jüdischen Bevölkerung der Stadt. Nach manchen Quellen sollen mehr als 1.500 jüdische Familien, rund 4.000 Personen, ermordet worden sein. Moderne Historiker halten diese Angaben für klar übertrieben. Der Rabbi Abraham ibn Daud schrieb in seinem Geschichtswerk Sefer ha-Kabbalah über Joseph, daß er hochmütig wurde bis zu seiner Vernichtung, die Adligen der Berber wurden zunehmend eifersüchtig, bis er schließlich ermordet wurde. Dem britischen Orientalisten Bernard Lewis zufolge wird das Massaker „im Allgemeinen als Reaktion der muslimischen Bevölkerung gegen einen mächtigen und prahlerischen jüdischen Wesir gesehen. Besonders kennzeichnend ist in dieser Hinsicht ein altes antijüdische Gedicht von Abu Ishaq, das 1066 in Granada geschrieben wurde: 'Betrachtet es nicht als einen Glaubensbruch, sie zu töten, der Glaubensbruch wäre, sie weitermachen zu lassen. Sie haben unser Abkommen mit ihnen gebrochen, wie könnt ihr gegen die Übertreter schuldig sein? Wie können sie sich auf einen Vertrag berufen, wenn wir im Schatten stehen und sie hervorragen? Jetzt sind wir erniedrigt, stehen unter ihnen, als ob wir die Falschen wären und sie die Wahren!'" Der amerikanische Historiker Walter Laqueur charakterisiert das Ereignis als Pogrom: „Die Juden konnten in der Regel keine öffentlichen Ämter einnehmen, wie gewöhnlich gab es Ausnahmen, und es gab gelegentlich Pogrome, wie das von Granada 1066.“ Der amerikanische Religionswissenschaftler Brian A. Catlos widerspricht dagegen den modernen Historikern, die schnell von einem Pogrom und einem Wendepunkt in den muslimisch-jüdischen Beziehungen sprächen, dies treffe sicher nicht zu. „Yusuf und alle, die als seine Verbündeten galten, unter ihnen in der Tat viele unschuldige Juden, wurden nicht wegen ihrer Religion, sondern wegen ihres Verrats getötet.“ Die jüdische Gemeinde von Granada erholte sich in den folgenden Jahren, wurde aber 1090 unter den Alomoraviden erneut angegriffen. Dieses Ereignis wird von manchen als das Ende des sogenannten "goldenen Zeitalter des Judentums" in Spanien angesehen.
Disputation von 1240 n. Chr./Paris
Im Bannfluch , der über die Juden Nikolaus Donin & Baruch de Espinoza ausgesprochen wurde, hieß es: „Nach dem Beschlusse der Engelund dem Urteil der Heilgen bannen, verwünschen, verfluchen und verstoßen wir Nikolaus Donin / Baruch de Espinoza, mit Zustimmung des heiligen Gottes, gepriesen sei Er, und dieser ganzen heiligen Gemeinde …, mit dem Bannfluche, womit Josua Jericho fluchte, mit dem Bannfluche, mit dem Elisa den Knaben fluchte, und mit all den Verwünschungen, die im Gesetz geschrieben stehen. Verflucht sei er am Tage und verflucht sei er bei der Nacht; verflucht sei er, wenn er sich niederlegt, und verflucht sei er, wenn er aufsteht, verflucht sei er bei seinem Ausgang und verflucht sei er bei seinem Eingang. Möge Gott ihm niemals verzeihen, möge der Zorn und Grimm Gottes gegen den Menschen entbrennen … und seinen Namen unter dem Himmel austilgen, und möge Gott ihn zu seinem Unheil ausscheiden von allen Stämmen Israels … Wir verordnen, daß niemand mit ihm mündlich oder schriftlich verkehre, niemand ihm irgend eine Gunst erweise, niemand mit ihm unter einem Dach verweile, niemand auf vier Ellen in seine Nähe komme, niemand eine von Ihm verfaßte oder geschriebene Schrift lese.“
Die katholische Kirche hatte, bis Donin seine Übersetzung Gregor IX. vorlegte, wenig Interesse am Talmud gezeigt. Der Papst war überrascht, daß die JüdInnen sich auf andere Texte als die Tora stützten und daß diese anderen Texte Gotteslästerungen gegen das Christentum enthielten. Dieses mangelnde Interesse kennzeichnete auch die französische Monarchie, die die Juden vor 1230 vor allem als potenzielle Einnahmequelle betrachtete.
Sie war bestimmt durch die Vorarbeiten Donin's, einem zum Christentum konvertierten Juden, der den Talmud übersetzte und bei Papst Gregor IX. insgesamt 35 Anklagen erhob, indem er eine Reihe von vermeintlich blasphemischer Passagen über Jesus, Maria oder das Christentum zitierte. 4 Rabbiner verteidigten den Talmud gg. Donins Anschuldigungen erfolglos.
Zitat myjewishlearning, Matt Plen: "Doch in der Mitte des 17. Jhd. verbreitete sich der Glaube an den falschen Messias Shabbetai Zevi (oft Tzvi geschrieben) wie ein Lauffeuer in der jüdischen Welt, riss ganze Gemeinden mit sich und löste eine Glaubenskrise aus, die in der jüdischen Geschichte beispiellos war. Shabbetai Zevi soll am 9. Av 1626 als Sohn einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie in Smyrna (Izmir, Türkei) geboren worden sein. Er erhielt eine gründliche talmudische Ausbildung und wurde noch als Teenager zum Hakham ordiniert, ein Mitglied der rabbinischen Elite. Zevi interessierte sich jedoch weniger für den Talmud als für die jüdische Mystik. Ab seinen späten Teenagerjahren studierte er Kabbala, was eine Gruppe von Anhängern anzog, die er in die Geheimnisse der mystischen Tradition einweihte. Zevi kämpfte mit etwas, das man heute als schwere bipolare Störung diagnostizieren könnte. Er verstand seinen Zustand in religiösen Begriffen, erlebte seine manischen Phasen als Momente der ‚Erleuchtung‘ und seine Zeiten der Depression als Zeiten des ‚Sturzes‘, in denen ihm das Antlitz G-ttes verborgen blieb. Während er in Zeiten der Depression zu einem halben Einsiedler wurde, fühlte er sich, wenn er ‚erleuchtet‘ wurde, gezwungen, gegen das jüdische Gesetz zu verstoßen, bizarre Rituale oder seltsame Handlungen durchzuführen und den verbotenen Namen G-ttes öffentlich auszusprechen. Im Jahr 1648 erklärte sich Shabbetai Zevi zum Messias, machte aber keinen großen Eindruck auf die Gemeinde von Smyrna, die sich an seine Exzentrizität gewöhnt hatte. Nichtsdestotrotz verbannten ihn die Rabbiner aus seiner Heimatstadt, und er verbrachte einen Großteil der 1650er Jahre damit, durch Griechenland und die Türkei zu reisen. Er wurde schließlich aus den jüdischen Gemeinden in Saloniki und Konstantinopel (Istanbul) ausgeschlossen, weil er die Gebote verletzt und gotteslästerliche Handlungen begangen hatte. In den 1660er Jahren kam er über Israel nach Ägypten. Während dieser Zeit führte er ein ruhiges Leben und zeigte keine messianischen Ansprüche. Der Wendepunkt in seiner messianischen Karriere kam 1665 als Ergebnis einer Begegnung mit seinem selbsternannten Propheten Nathan von Gaza. Nathan war ein Mann von großer intellektueller Statur, ein Kabbalist und Asket, an den sich Zevi wandte, um ein mystisches Heilmittel für sein spirituelles Unwohlsein zu finden. Nathan versuchte, Shabbetai von seiner messianischen Identität zu überzeugen, nachdem ihm dieses Geheimnis in einer Vision offenbart worden war, und während Schawuot 1665 kündigte er öffentlich das Erscheinen des Messias an. Während seiner nächsten Periode der ‚Erleuchtung‘ stimmte Zevi diesen Behauptungen zu und begann seine eigene messianische Karriere. Die meisten Rabbiner widersetzten sich ihm, unternahmen aber, abgesehen von Exkommunikationsbefehlen und seiner Verbannung aus Jerusalem, nichts gegen ihn. Nathan jedoch initiierte eine Massenbewegung der Buße, des Fastens und der asketischen Handlungen, um den Weg für die kommende Erlösung zu bereiten. Im September 1665 kündigte er an, daß eine fundamentale kosmische Verschiebung stattgefunden habe und daß innerhalb eines Jahres, ohne Krieg, Shabbetai Zevi die Krone des türkischen Sultans übernehmen und den Sultan zu seinem Diener machen werde. Danach würde Zevi die verlorenen Stämme Israels zurückbringen und Rebekka heiraten, die Tochter eines auferstandenen Moses. Der Sultan würde dann rebellieren, und der folgende Krieg würde die stürmischen Geburtswehen des Messias einleiten. Im selben Monat reiste Shabbetai Tzvi inmitten einer Atmosphäre religiöser Agitation nach Aleppo und Smyrna. Es wurden mehrere Sichtungen von Elijah gemeldet. Rabbiner und Gemeindevorsteher wurden von der Aufregung mitgerissen. Als Tzvi in einen Zustand der Ekstase zurückfiel und anfing, Ma'asim Zarim aufzuführen, versuchten die Rabbiner, ihn davon abzuhalten, aber es war zu spät. Mit seinen Anhängern stürmte er die Synagoge seiner Gegner, rief Familienmitglieder und Freunde, darunter auch Frauen, zur Lesung der Tora und ließ sie den göttlichen Namen in ihren Segenssprüchen aussprechen. Er verglich seine rabbinischen Gegner mit unreinen Tieren und erklärte sich selbst zum Gesalbten Gottes. Messianischer Eifer begann sich in den Gemeinschaften der Diaspora auszubreiten. Buße, äußerste Askese, Geißelung und Fasten wechselten sich ab mit Zeiten ekstatischer Freude. Messianische Gebete, die von Nathan aus Gaza verfasst wurden, wurden veröffentlicht. Während einige JüdInnen begannen, Reisepläne für ihre bevorstehende Abreise in das Land Israel zu schmieden, weigerten sich andere, weil sie glaubten, daß sie auf wundersame Weise auf Wolken dorthin transportiert werden würden.
Was machte die jüdische Welt so empfänglich für den falschen Messianismus von Shabbetai Zevi? In den Jahren 1648-49 massakrierten Kosakenbanden unter der Führung von Bogdan Chmielnicki 300000 in der Ukraine unter beispiellosen Grausamkeiten. Viele Gemeinden, die entkommen konnten, wurden dann im russisch-schwedischen Krieg von 1655 verwüstet. In dem Zusammenhang erhielt der historische Traum des jüdischen Volkes von der Erlösung aus der Knechtschaft des Exils eine neue Dringlichkeit und Verzweiflung. In diesen Gemeinden fand Tzvi ein aufgeschlossenes Publikum. Aber der Schabbatäismus beeinflusste Gemeinden in der ganzen jüdischen Welt, von denen viele von Chmielnicki nicht betroffen waren und keine nennenswerte Verfolgungsgeschichte hatten. Hier muss die Popularität der Bewegung in ihrem theologischen Kontext verstanden werden. Im 16. Jhd. hatte sich eine neue religiöse Volksbewegung entwickelt, die von der Stadt Safed im Norden Israels ausging: die Lunarische Kabbala. Die neue Lehre besagte, daß die Erschaffung der Welt die Gegenwart G-ttes ins Exil geschickt habe, das g-ttliche Licht in unzählige Funken zerbrochen und sie in den Hüllen der weltlichen Wirklichkeit verborgen habe. Durch das Aufdecken und Auferwecken dieser Funken durch mystische Gebete und Rituale konnte die Erlösung, nicht nur des jüdischen Volkes, sondern des Kosmos und G-ttes selbst, erreicht werden. Während die Kabbala zuvor spekulativ und esoterisch gewesen war, war sie nun eine Volksbewegung, die von messianischer Spannung durchdrungen war. Das Erscheinen eines Messias, der durch einen Verstoß gegen das jüdische Gesetz in die Tiefen der Sünde hinabsteigen konnte, um den letzten Funken zu erlösen, stärkte das jüdische Volk mit dem Gefühl, daß das Ende des Exils nahe war. Während die anfängliche Rezeption von Zevi von diesen religiösen Faktoren bedingt war, entwickelte die Bewegung nach ihrer Einweihung eine eigene Dynamik. In der jüdischen Welt entstand eine Spaltung zwischen Gläubigen und ihren Gegnern. In vielen Gemeinden achtete die anti-sabbatäische Minderheit, darunter viele Rabbiner, aus Angst vor Terror und Repressalien darauf, ihre Gemeinden nicht zu verärgern. Auf diese Weise wurde jede wirksame Opposition neutralisiert. 1666 wurde Tzvi in Konstantinopel verhaftet. Nach einer Zeit der Gefangenschaft, in der er als Messias Hof hielt, das Fasten des 9. Av (Tischa B'Av) durch ein Fest zur Feier seines Geburtstages ersetzte und begann, seine Briefe mit ‚Ich bin der Herr, dein G‘tt Shabbetai Tzvi" zu unterschreiben, wurde er wegen Anstiftung zum Aufruhr angeklagt und vor den Sultan gestellt. Jetzt, in einem depressiven Zustand, leugnete er, jemals messianische Behauptungen aufgestellt zu haben. Vor die Wahl gestellt, vom Glauben abzufallen oder zu sterben, entschied er sich, zum Islam zu konvertieren. Shabbetai Tzvi wurde zu Aziz Mehmed Effendi und lebte mit einer königlichen Pension bis 1676, äußerlich Muslim, aber heimlich am jüdischen Ritual teilnehmend. Aus seinen Briefen geht hervor, daß er zum Zeitpunkt seines Todes noch an seine messianische Mission glaubte. Während Zevis Bekehrung bei den meisten seiner Anhänger eine Glaubenskrise auslöste, lebte die Bewegung weiter, gestützt auf esoterische kabbalistische Erklärungen für den Abfall vom Glauben und auf das psychologische Bedürfnis ihrer Anhänger, ihre tief verwurzelte religiöse Weltanschauung vor dem Zerfall zu bewahren. Die Bewegung überlebte bis ins frühe 18. Jhd., als sich die Schabbatäer in 2 Lager spalteten: Gemäßigte, die ihren geheimen messianischen Glauben mit der Einhaltung des jüdischen Gesetzes verbanden, und Radikale, die sich daran machten, heimlich die häretische Doktrin zu verbreiten, daß die ‚Annullierung der Tora war ihre wahre Erfüllung.‘ Dieser radikale Flügel der schabbatäischen Bewegung erlebte eine kurzlebige Wiederbelebung unter Jacob Frank, einem polnischen Juden, der 1756 als Reinkarnation von Shabbetai Zevi gefeiert wurde. Der Schabbatäismus starb in der Folge als bedeutendes Merkmal des jüdischen Lebens aus, aber seine langfristigen Auswirkungen waren weitreichend. Ihr unmittelbarster Einfluss lag in der Formulierung einer neuen Version des jüdischen Mystizismus, der chassidischen Bewegung, die im Polen des späten 18. Jhd. geboren wurde. Der quietistische, innerlich spirituelle Ton des frühen Chassidismus war eine bewusste Reaktion auf die messianischen Auswüchse der Schabbeteaner, während die Chassidischen der bedingungslose Glaube der Juden an ihren Rebbe oder Tzaddik hatte als Präzedenzfall die Dynamik zwischen Shabbetai Zevi und seinen Anhängern. Im späten 20. Jhd. verlieh das Wiederaufleben des messianischen Eifers unter einigen chassidischen Chabad-Lubawitsch-Juden dieser Beziehung Glaubwürdigkeit. Der Historiker Haim Hillel Ben-Sasson ging noch einen Schritt weiter und argumentierte, daß der Wirbelsturm der Popularität und Begeisterung, den ein säkularer Zionist wie Theodor Herzl am Ende des 19. Jhd. auslöste, nicht ohne Bezug auf die schabbatetische Bewegung verstanden werden könne. Gershom Scholem, der bahnbrechende Historiker der jüdischen Mystik, stellt eine noch kühnere Behauptung auf. Er argumentiert, daß die Spaltung zwischen äußerer Orthodoxie und geheimer Häresie, die die Anhänger von Shabbetai Zevi kennzeichnete, die
die Einheit ihrer jüdischen Identität von innen heraus zerstörte. Dies, zusammen mit dem Trauma, das durch den Abfall vom falschen Messias verursacht wurde, war einer der entscheidenden Faktoren, die den Zerfall des traditionellen Judentums und den Beginn der modernen jüdischen Geschichte erklärten."
Fortsetzung folgt ...
