Hellenen, Ägypter, Muslime, Kosaken vs. Juden, "2 Schetukis"
- Edda Wittke

- 5. Aug.
- 10 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 17. Sept.
Touristenmagnet Ägypten
Die altägyptische Religion war ein faszinierendes Bild aus GöttInnen in menschlicher oder tierischer Gestalt, Mythen, Rituale. Hauptgötter wie der Sonnengott Ra, der Gott des Jenseits Osiris und die Göttin der Magie und Mutter Isis waren zentral für den Glauben und das tägliche Leben. Jeder Gott und jede Göttin hatte seine eigene Rolle und Bedeutung, viele wurden in beeindruckenden Tempeln verehrt. Tägliche Gebete, blutige Tieropfergaben bis hin zu großen Festen und Prozessionen. Die Bestattungsrituale deuten auf eine starke Überzeugung von einem Leben nach dem Tod hin. Ihre Pyramiden und Grabkammern, reich verziert mit Hieroglyphen und Kunstwerken, waren nicht nur letzte Ruhestätten, sondern auch „Tore zu einer anderen Welt“.
"Die 2 Schetukis Jesus-/Jehoshua-NArZIsst ben Josef"
Zitat Maria Ossowski, Jüdische Allg./10.12.2024: „Der Papst und sein einseitiges Mitgefühl für die Judenfeinde! Die 2 Schetukis Jesus-/Jehoshua-NArZIsst ben Josef in 2 Palästinenser-Tücher einzuwickeln zeigt, daß der Vatikan seine Tradition verleugnet, um im Nahostkonflikt Partei zu ergreifen! Erstens: die Geschichtsvergessenheit und Unkenntnis der Heiligen Schrift im Vatikan. Die 2 Schetukis Jesus-/Jehoshua-NArZIsst ben Josef waren Juden, ihre Mutter Maria war Jüdin ebenso wie ihr Ziehvater Josef, denn Christen existierten vor 2024 Jahren ebenso wenig wie Palästinenser. Die im Katholizismus höchst verehrte Heilige Mutter Gottes zu mißbrauchen, um ihre 2 Schetukis in ein Sinnbild des politischen Kampfes einzuwickeln, das beweist, wie die Kirche ihre eigene Herkunft und Tradition verleugnet. Zweitens: der Vatikan unterstützt das langjährige Bemühen extremistischer Gruppen, die 2 Schetukis Jesus-/Jehoshua-NArZIsst ben Josef zu Palästinensern zu erklären. Damit ergreift der Papst Partei. Drittens: Wen wundert’s? 2000 Jahre Judenhass haben ihre Wurzeln in christlichen Gemeinschaften und Kirchen. Von den Gräueln der Kreuz-Züge bis zur Rattenlinie, der Fluchthilfe katholischer Geistlicher für ranghohe NAZIs, führt die Spur des institutionell abgesegneten klerikalen Antisemitismus!“
Was vor bzw. in den 2000 Jahren wirklich passierte
Das Christentum soll im Keim erstickt werden ...
31 n. Chr.: Johannes der Täufer hatte Jesus getauft. Um den unbequemen Bußprediger loszuwerden, schmiedeten die JüdInnen ein Komplott durch Lügen und töteten ihn durch Köpfen.
0 - 33 n. Chr. wirkt YHVH, Lügen und Verrat an IHM/Jesus von Nazareth gipfeln im "Todesurteil" durch den Sanhedrin wegen "Gotteslästerung/Asebeia", SEIN Auferstehungskreuz wird unser christliches Identitätsmerkmal.
40 n. Chr. ist Stephanus der erste, der wegen seines Bekenntnisses zu YHVH/Jesus Christus ermordet wird. Damit gilt er als Erzmärtyrer. Die JüdInnen waren dem redebegabten Diakon argumentativ nicht gewachsen. Um den unbequemen Kopf loszuwerden, schmiedeten sie deshalb ein Komplott durch Lügen: Sie setzten die Behauptung in die Welt, er habe sich der "Gotteslästerung" schuldig gemacht. Der Sanhedrin verurteilt ihn zum Tode, seine Steinigung ist der Auftakt zur ersten Christenverfolgung in Jerusalem. Seine Verehrung strahlte von Jerusalem in den Mittelmeerraum und nach Gallien aus, sodaß Stephanus im 7. Jhd. zum Universalheiligen avancierte.
Was vor bzw. in den 2000 Jahren wirklich passierte … Asebeia
HellenInnen, ÄgypterInnen vs. JüdInnen
38 n. Chr.: Blut floß auf den Straßen Alexandrias. Die, die töteten, waren die "den Götzen dienenden" ÄgypterInnen und HellenInnen. Die, die wegen "Asebeia gegen die GöttInnen" getötet wurden, waren die JüdInnen.
Seit der Eroberung Ägyptens durch den Hellenen Alexander den Großen hatte sich Alexandria zu einem wichtigen Zentrum jüdischen Lebens entwickelt. In Alexandria gab es die wohl größte Diaspora-Gemeinde der damaligen Zeit. JüdInnen stellten bis zu 2/5 der alexandrinischen Bevölkerung. Doch Philo sprach von einem schon lange schwelenden Haß zwischen JüdInnen und HellenInnen, d. h. Monotheismus gegen Polytheismus, in der Stadt.
Möglicherweise wurden die Gruppen schon früh von den hellenistischen Königen Ägyptens gegeneinander ausgespielt. Politisches Kalkül gebot es den Herrschern, sich mal auf die eine, mal auf die andere Gruppe zu stützen. Tatsächlich sind zahlreiche Konflikte belegt, bei denen JüdInnen und HeidInnen einander gegenüberstanden.
Dieser feindselige Schlagabtausch war auch in der multikulturellen Gesellschaft Alexandrias zu spüren: JüdInnen und HellenInnen warfen sich gegenseitig „Gottlosigkeit und Asebeia“ vor. Durch den römischen Machtantritt waren plötzlich alle AlexandrinerInnen, die nicht zur Bürgerschaft gehörten, vor dem Recht ÄgypterInnen, somit auch JüdInnen. Sie versuchten daraufhin, ihren Status wieder zu heben. In den Augen der hellenischen AlexandrinerInnen strebten die Juden nach mehr, als ihnen zustand.
Deshalb, schrieb der hellenisch-jüdische Philosoph Philon, sei er auf das Angebot mächtiger hellenischer BürgerInnen Alexandrias eingegangen, die von ihm freie Hand in ihrer Agitation gegen die JüdInnen erbaten. Und tatsächlich verlief die Zuspitzung der Ereignisse ohne jeden Eingriff von römischer Seite.
Der Besuch des jüdischen Königs Agrippa I. sorgte August 38 n. Chr. schließlich für die Eskalation. Er kam überraschend. Caligula hatte Agrippa gerade erst zum Herrscher über die Gebiete nordöstlich des Sees Genezareth ernannt. Nun war der König auf dem Weg dorthin und machte in Alexandria nur Station. Doch das reichte, um Haß auf JüdInnen offen hervortreten zu lassen. Die heidnischen GötzendienerInnen HellenInnen und ÄgypterInnen veranstalteten Aufmärsche, verspotteten Agrippa und erzwangen das Aufstellen von Kaiserbildern in Synagogen, wodurch diese in den Augen der JüdInnen entweiht wurden.
Flaccus blieb untätig. Daß die Demütigung der Juden keine rechtlichen Konsequenzen hatte, machte sie endgültig angreifbar. Der heidnischen Bevölkerung Alexandrias war unmißverständlich vorgeführt worden, daß die JüdInnen rechtlos waren. Blutvergießen war die Folge. Im Nachhinein rechtfertigte Flaccus seine Tatenlosigkeit in einem Edikt, das den JüdInnen jede Grundlage für eine Forderung nach Gleichberechtigung oder Genugtuung entzog, indem es ihnen bescheinigte, keine „Ursiedler“ zu sein.
JüdInnen vs. MuslimInnen
1066 n. Chr.: Das Massaker von Granada war ein Pogrom an Juden, das in Granada zur Zeit der Herrschaft der Ziriden im islamischen Herrschaftsgebiet von al-Andalus stattfand. Es gilt als erstes Pogrom auf europäischen Boden. Am 30.12. stürmte eine muslimische Menschenmenge den Königspalast, kreuzigte den jüdischen Wesir Joseph ibn Naghrela und massakrierte den Großteil der jüdischen Bevölkerung der Stadt. Nach manchen Quellen sollen mehr als 1500 jüdische Familien, rund 4000 Personen, ermordet worden sein. Moderne Historiker halten diese Angaben für klar übertrieben. Der Rabbi Abraham ibn Daud schrieb in seinem Geschichtswerk Sefer ha-Kabbalah über Joseph, daß er hochmütig wurde bis zu seiner Vernichtung, die Adligen der Berber wurden zunehmend eifersüchtig, bis er schließlich ermordet wurde. Dem britischen Orientalisten Bernard Lewis zufolge wird das Massaker „im Allgemeinen als Reaktion der muslimischen Bevölkerung gegen einen mächtigen und prahlerischen jüdischen Wesir gesehen". Besonders kennzeichnend ist in dieser Hinsicht ein altes antijüdisches Gedicht von Abu Ishaq, das 1066 in Granada geschrieben wurde "Betrachtet es nicht als einen Glaubensbruch, sie zu töten, der Glaubensbruch wäre, sie weitermachen zu lassen. Sie haben unser Abkommen mit ihnen gebrochen, wie könnt ihr gegen die Übertreter schuldig sein? Wie können sie sich auf einen Vertrag berufen, wenn wir im Schatten stehen und sie hervorragen? Jetzt sind wir erniedrigt, stehen unter ihnen, als ob wir die Falschen wären und sie die Wahren!" Der amerikanische Historiker Walter Laqueur charakterisiert das Ereignis als Pogrom „Die Juden konnten in der Regel keine öffentlichen Ämter einnehmen, wie gewöhnlich gab es Ausnahmen, und es gab gelegentlich Pogrome, wie das von Granada 1066.“ Der amerikanische Religionswissenschaftler Brian A. Catlos widerspricht dagegen den modernen Historikern, die schnell von einem Pogrom und einem Wendepunkt in den muslimisch-jüdischen Beziehungen sprächen, dies treffe sicher nicht zu. „Yusuf und alle, die als seine Verbündeten galten, unter ihnen in der Tat viele unschuldige JüdInnenen, wurden nicht wegen ihrer Religion, sondern wegen ihres Verrats getötet.“ Die jüdische Gemeinde von Granada erholte sich in den folgenden Jahren, wurde aber 1090 unter den Alomoraviden erneut angegriffen. Dieses Ereignis wird von manchen als das Ende des sogenannten "goldenen Zeitalter des Judentums" in Spanien angesehen.
Ukrainische Kosaken vs. JüdInnen
Der jüdisch-muslimische Messias
Zitat myjewishlearning, Matt Plen: "Doch in der Mitte des 17. Jhd. verbreitete sich der Glaube an den falschen Messias Shabbetai Zevi (oft Tzvi geschrieben) wie ein Lauffeuer in der jüdischen Welt, riß ganze Gemeinden mit sich und löste eine Glaubenskrise aus, die in der jüdischen Geschichte beispiellos war. Shabbetai Zevi soll am 9. Av 1626 als Sohn einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie in Smyrna (Izmir, Türkei) geboren worden sein. Er erhielt eine gründliche talmudische Ausbildung und wurde noch als Teenager zum Hakham ordiniert, ein Mitglied der rabbinischen Elite. Zevi interessierte sich jedoch weniger für den Talmud als für die jüdische Mystik. Ab seinen späten Teenagerjahren studierte er Kabbala, was eine Gruppe von Anhängern anzog, die er in die Geheimnisse der mystischen Tradition einweihte. Zevi kämpfte mit etwas, das man heute als schwere bipolare Störung diagnostizieren könnte. Er verstand seinen Zustand in religiösen Begriffen, erlebte seine manischen Phasen als Momente der 'Erleuchtung‘ und seine Zeiten der Depression als Zeiten des 'Sturzes‘, in denen ihm das Antlitz G-ttes verborgen blieb. Während er in Zeiten der Depression zu einem halben Einsiedler wurde, fühlte er sich, wenn er 'erleuchtet‘ wurde, gezwungen, gegen das jüdische Gesetz zu verstoßen, bizarre Rituale oder seltsame Handlungen durchzuführen und den verbotenen Namen G-ttes öffentlich auszusprechen. Im Jahr 1648 erklärte sich Shabbetai Zevi zum Messias, machte aber keinen großen Eindruck auf die Gemeinde von Smyrna, die sich an seine Exzentrizität gewöhnt hatte. Nichtsdestotrotz verbannten ihn die Rabbiner aus seiner Heimatstadt, und er verbrachte einen Großteil der 1650er Jahre damit, durch Griechenland und die Türkei zu reisen. Er wurde schließlich aus den jüdischen Gemeinden in Saloniki und Konstantinopel (Istanbul) ausgeschlossen, weil er die Gebote verletzt und gotteslästerliche Handlungen begangen hatte. In den 1660er Jahren kam er über Israel nach Ägypten. Während dieser Zeit führte er ein ruhiges Leben und zeigte keine messianischen Ansprüche. Der Wendepunkt in seiner messianischen Karriere kam 1665 als Ergebnis einer Begegnung mit seinem selbsternannten Propheten Nathan von Gaza. Nathan war ein Mann v. großer intellektueller Statur, ein Kabbalist und Asket, an den sich Zevi wandte, um ein mystisches Heilmittel für sein spirituelles Unwohlsein zu finden. Nathan versuchte, Shabbetai von seiner messianischen Identität zu überzeugen, nachdem ihm dieses Geheimnis in einer Vision offenbart worden war, und während Schawuot 1665 kündigte er öffentlich das Erscheinen des Messias an. Während seiner nächsten Periode der 'Erleuchtung‘ stimmte Zevi diesen Behauptungen zu und begann seine eigene messianische Karriere. Die meisten Rabbiner widersetzten sich ihm, unternahmen abgesehen von Exkommunikations-Befehlen und seiner Verbannung aus Jerusalem, nichts gegen ihn. Nathan jedoch initiierte eine Massenbewegung der Buße, des Fastens und der asketischen Handlungen, um den Weg für die kommende Erlösung zu bereiten. Im September 1665 kündigte er an, daß eine fundamentale kosmische Verschiebung stattgefunden habe und daß innerhalb eines Jahres, ohne Krieg, Shabbetai Zevi die Krone des türkischen Sultans übernehmen und den Sultan zu seinem Diener machen werde. Danach würde Zevi die verlorenen Stämme Israels zurückbringen und Rebekka heiraten, die Tochter eines auferstandenen Moses. Der Sultan würde dann rebellieren, und der folgende Krieg würde die stürmischen Geburtswehen des Messias einleiten. Im selben Monat reiste Shabbetai Tzvi inmitten einer Atmosphäre religiöser Agitation nach Aleppo und Smyrna. Es wurden mehrere Sichtungen von Elijah gemeldet. Rabbiner und Gemeindevorsteher wurden von der Aufregung mitgerissen. Als Tzvi in einen Zustand der Ekstase zurückfiel und anfing, Ma'asim Zarim aufzuführen, versuchten die Rabbiner, ihn davon abzuhalten, aber es war zu spät. Mit seinen Anhängern stürmte er die Synagoge seiner Gegner, rief Familienmitglieder und Freunde, darunter auch Frauen, zur Lesung der Tora und ließ sie den göttlichen Namen in ihren Segenssprüchen aussprechen. Er verglich seine rabbinischen Gegner mit unreinen Tieren und erklärte sich selbst zum Gesalbten Gottes. Messianischer Eifer begann sich in den Gemeinschaften der Diaspora auszubreiten. Buße, äußerste Askese, Geißelung, Fasten wechselten sich ab mit Zeiten ekstatischer Freude. Messianische Gebete, die von Nathan aus Gaza verfasst wurden, wurden veröffentlicht. Während einige JüdInnen begannen, Reisepläne für ihre bevorstehende Abreise in das Land Israel zu schmieden, weigerten sich andere, weil sie glaubten, daß sie auf wundersame Weise auf Wolken dorthin transportiert werden würden.
Was machte die jüdische Welt so empfänglich für den falschen Messianismus von Shabbetai Zevi? In den Jahren 1648-49 n. Chr. massakrierten ukrainische Kosakenbanden unter der Führung von Bogdan Chmielnicki 300000 JüdInnen in der Ukraine unter beispiellosen Grausamkeiten. Viele Gemeinden, die entkommen konnten, wurden dann im russisch-schwedischen Krieg von 1655 verwüstet. In dem Zusammenhang erhielt der historische Traum des jüdischen Volkes von der Erlösung aus der Knechtschaft des Exils eine neue Dringlichkeit und Verzweiflung. In diesen Gemeinden fand Tzvi ein aufgeschlossenes Publikum. Aber der Schabbatäismus beeinflusste Gemeinden in der ganzen jüdischen Welt, von denen viele von Chmielnicki nicht betroffen waren und keine nennenswerte Verfolgungsgeschichte hatten. Hier muß die Popularität der Bewegung in ihrem theologischen Kontext verstanden werden. Im 16. Jhd. hatte sich eine neue religiöse Volksbewegung entwickelt, die von der Stadt Safed im Norden Israels ausging: die Lunarische Kabbala. Die neue Lehre besagte, daß die Erschaffung der Welt die Gegenwart G-ttes ins Exil geschickt habe, das g-ttliche Licht in unzählige Funken zerbrochen und sie in den Hüllen der weltlichen Wirklichkeit verborgen habe. Durch das Aufdecken und Auferwecken dieser Funken durch mystische Gebete und Rituale konnte die Erlösung, nicht nur des jüdischen Volkes, sondern des Kosmos und G-ttes selbst, erreicht werden. Während die Kabbala zuvor spekulativ und esoterisch gewesen war, war sie nun eine Volksbewegung, die von messianischer Spannung durchdrungen war. Das Erscheinen eines Messias, der durch einen Verstoß gegen das jüdische Gesetz in die Tiefen der Sünde hinabsteigen konnte, um den letzten Funken zu erlösen, stärkte das jüdische Volk mit dem Gefühl, daß das Ende des Exils nahe war. Während die anfängliche Rezeption von Zevi von diesen religiösen Faktoren bedingt war, entwickelte die Bewegung nach ihrer Einweihung eine eigene Dynamik. In der jüdischen Welt entstand eine Spaltung zwischen Gläubigen und ihren Gegnern. In vielen Gemeinden achtete die anti-sabbatäische Minderheit, darunter viele Rabbiner, aus Angst vor Terror und Repressalien darauf, ihre Gemeinden nicht zu verärgern. Auf diese Weise wurde jede wirksame Opposition neutralisiert. 1666 wurde Tzvi in Konstantinopel verhaftet. Nach einer Zeit der Gefangenschaft, in der er als Messias Hof hielt, das Fasten des 9. Av (Tischa B'Av) durch ein Fest zur Feier seines Geburtstages ersetzte und begann, seine Briefe mit 'Ich bin der HERR, dein G‘tt Shabbetai Tzvi" zu unterschreiben, wurde er wegen Anstiftung zum Aufruhr angeklagt und vor den Sultan gestellt. Jetzt, in einem depressiven Zustand, leugnete er, jemals messianische Behauptungen aufgestellt zu haben. Vor die Wahl gestellt, vom Glauben abzufallen oder zu sterben, entschied er sich, zum Islam zu konvertieren. Shabbetai Tzvi wurde zu Aziz Mehmed Effendi, lebte mit
königlicher Pension bis 1676, äußerlich Muslim aber heimlich am jüdischen Ritual teilnehmend. Aus seinen Briefen geht hervor, daß er zum Zeitpunkt seines Todes noch an seine messianische Mission glaubte. Während Zevis Bekehrung bei den meisten seiner Anhänger eine Glaubenskrise auslöste, lebte die Bewegung weiter, gestützt auf esoterische kabbalistische Erklärungen für den Abfall vom Glauben und auf das psychologische Bedürfnis ihrer Anhänger, ihre tief verwurzelte religiöse Weltanschauung vor dem Zerfall zu bewahren. Die Bewegung überlebte bis ins frühe 18. Jhd., als sich die Schabbatäer in 2 Lager spalteten: Gemäßigte, die ihren geheimen messianischen Glauben mit der Einhaltung des jüdischen Gesetzes verbanden, und Radikale, die sich daran machten, heimlich die häretische Doktrin zu verbreiten, daß die 'Annullierung der Tora war ihre wahre Erfüllung.' Dieser radikale Flügel der schabbatäischen Bewegung erlebte eine kurzlebige Wiederbelebung unter Jacob Frank, einem polnischen Juden, der 1756 als Reinkarnation von Shabbetai Zevi gefeiert wurde. Der Schabbatäismus starb in der Folge als bedeutendes Merkmal des jüdischen Lebens aus, aber seine langfristigen Auswirkungen waren weitreichend. Ihr unmittelbarster Einfluss lag in der Formulierung einer neuen Version des jüdischen Mystizismus, der chassidischen Bewegung, die im Polen des späten 18. Jhd. geboren wurde. Der quietistische, innerlich spirituelle Ton des frühen Chassidismus war eine bewusste Reaktion auf die messianischen Auswüchse der Schabbeteaner, während die Chassidischen der bedingungslose Glaube der Juden an ihren Rebbe oder Tzaddik hatte als Präzedenzfall die Dynamik zw. Shabbetai Zevi und seinen Anhängern. Im späten 20. Jhd. verlieh das Wiederaufleben des messianischen Eifers unter einigen chassidischen Chabad-Lubawitsch-Juden dieser Beziehung Glaubwürdigkeit. Der Historiker Haim Hillel Ben-Sasson ging noch einen Schritt weiter u. argumentierte, daß der Wirbelsturm der Popularität und Begeisterung, den ein säkularer Zionist wie Theodor Herzl am Ende des 19. Jhd. auslöste, nicht ohne Bezug auf die schabbatetische Bewegung verstanden werden könne. Gershom Scholem, der bahnbrechende Historiker der jüdischen Mystik, stellt eine noch kühnere Behauptung auf. Er argumentiert, daß die Spaltung zw. äußerer Orthodoxie und geheimer Häresie, die die Anhänger von Shabbetai Zevi kennzeichnete, die die Einheit ihrer jüdischen Identität von innen heraus zerstörte. Dies, zusammen mit dem Trauma, das durch den Abfall vom falschen Messias verursacht wurde, war einer der entscheidenden Faktoren, die den Zerfall des traditionellen Judentums und den Beginn der modernen jüdischen Geschichte erklärten."
Fortsetzung folgt ...

